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Die Manipulationsvorwürfe des Teams um Hillary Clinton hört der Kreml gar nicht ungern: Es unterstreicht die Macht der russischen Führung.

Foto: REUTERS/Brian Snyder

Es war eine der für Wladimir Putin typischen Antworten, als er auf die russische Einflussnahme auf den US-Wahlkampf angesprochen wurde. "Ist Amerika etwa eine Bananenrepublik?", fragte er süffisant zurück. Russland mische sich nicht in die Angelegenheiten anderer Staaten ein – das ist seit Wochen das offizielle Mantra in Moskau. Und doch ist Putin als Dritter beinahe omnipräsent im Duell Hillary Clinton gegen Donald Trump.

Seine Vorliebe für Trump, den er schon vor einem Jahr als "markante Persönlichkeit und talentierten Politiker" lobte, verhüllt Putin kaum. Getroffen haben sich die beiden Politiker zwar bislang nicht. Als Trump bei einem seiner Miss-Wettbewerbe 2013 in Moskau weilte, fand Putin keine Zeit für ihn. Auf persönlicher Ebene dürfte der Kreml-Chef aber tatsächlich viel besser mit dem schrillen Immobilientycoon im Amt des US-Präsidenten klarkommen als mit der ehemaligen US-Außenministerin. Schließlich verstand sich Putin auch mit Silvio Berlusconi blendend. Zumal die Fronten gegenüber Clinton durch den Wahlkampf weiter verhärtet wurden. Deren Team spielte schon früh die "russische Karte" aus und bezeichnete Trump als Agenten des Kreml. Die Hackeraffäre sorgte für zusätzliches böses Blut.

Keine klaren Dementis Russlands

Die russische Führung beklagte, als Buhmann dargestellt zu werden. Sie hat allerdings wenig unternommen, um den Verdacht abzuwenden, tatsächlich hinter den Angriffen zu stecken, abgesehen von den eher uninspirierten Dementis von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, der allenfalls eine direkte Beteiligung des russischen Geheimdiensts verneinte.

Es scheint fast so, dass sich der Kreml in der Rolle des allmächtigen Manipulators inzwischen gefällt. Zu dem Schluss kommen zumindest die russischen Experten für Internetsicherheit, Irina Borogan und Andrej Soldatow, bei ihrer Recherche zu den Hackerangriffen. Demnach haben die Hacker in jüngster Zeit ihre Taktik geändert und so Spuren hinterlassen, die sie vorher noch sorgfältig verschleierten. Die Spuren führen nach Russland. Das sei möglicherweise absichtlich geschehen, um Moskaus Macht zu demonstrieren, vermuten sie. Als Beweis für eine Beteiligung des Kreml reichen die Indizien nicht aus, als dezenter Hinweis auf die eigene Potenz allemal. "Allein die Vorstellung, dass Hacker die Wahl in den USA beeinträchtigen könnten, ist eine knallharte Ansage", so die Autoren.

Moskaus Ärger mit dem FBI

Ob die Machtdemonstration Russlands einzig zählbarer Erfolg im US-Wahlkampf sein wird, bleibt abzuwarten. Die Chance, dass Trump gewinnt, ist nach der Einstellung des FBI-Verfahrens gegen Clinton geschrumpft. Für das russische Staatsfernsehen ein echtes Ärgernis: Am Montag berichtete der Sender Vesti 24 entrüstet über den Verzicht auf Ermittlungen gegen Clinton. Offenbar hätten das Establishment und Clinton-treue Medien in den USA so lange auf FBI-Chef James Comey eingedroschen, bis dieser einen Rückzieher gemacht habe, so der Tenor in der US-Wahlreportage.

Allerdings kann der Kreml auch im Fall eines Clinton-Siegs innenpolitisch profitieren. Die russischen Medien diskreditieren die Abstimmung seit Wochen als abgekartetes Spiel. Die auflagenstarke Komsomolskaja Prawda brachte vor wenigen Tagen ein Interview mit dem "russischen Trump" Wladimir Schirinowski, der erklärte, ein Wahlsieg Clintons sei gleichbedeutend mit Fälschungen.

Und außenpolitisch? Ist ohnehin nicht mehr viel kaputtzumachen. Premier Dmitri Medwedew charakterisierte das bilaterale Verhältnis als "unterirdisch". Er versprach aber, die Beziehungen unter dem nächsten Präsidenten wieder kitten zu wollen, egal wie dieser heiße. (André Ballin aus Moskau, 8.11.2016)