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Der Chef der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, urgiert "dringend nötige Reformen" und drängt auf ein "Industriepaket" – auf dass mehr Arbeitsplätze geschaffen werden.

Foto: reuters/heinz-peter bader

Wien – Das von der Regierung für Klein- und Mittelbetriebe (KMU) geschnürte Paket und die Sonderunterstützung für Start-up-Unternehmen wecken nun auch Begehrlichkeiten der Industrie. Zu Recht, wie der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Kapsch, meint. Die Industrie sorge schließlich für Wohlstand. "Ohne Industrie gäbe es keine KMUs im Land", sagte Kapsch am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Das "Industiepaket", das Kapsch geschnürt wissen will, beinhaltet unter anderem eine Senkung der Körperschaftssteuer (KöST). Das präferierte Modell sei ein gesplitteter Satz: Für entnommene Gewinne soll der KöST-Satz wie gehabt 25 Prozent betragen, für nichtentnommene Gewinne aber auf 12,5 Prozent halbiert werden. Zudem soll die Forschungsprämie – derzeit zwölf Prozent – erhöht werden. Um wie viel, ließ der IV-Präsident offen. Kapsch: "Wir haben mit dem Finanzminister erste Gespräche geführt." Die Forschungsprämie sei auch ein Signal für internationale Unternehmen, nach Österreich zu kommen und hier zu forschen.

Seitens der Arbeitnehmervertreter gab es schon am Dienstag ablehnende Reaktionen. So ließ der GPA-djp-Vorsitzende, Wolfgang Katzian (SPÖ), in einer Aussendung wissen, dass die "Unternehmenssteuern in Österreich schon jetzt zu niedrig" seien. Zudem zweifelt der Gewerkschafter die Zahlen der IV zur teilweisen Selbstfinanzierung einer KÖSt-Absenkung an.

Arbeitszeitreform

Abgerundet werden soll das Paket der IV, indem Langzeitforderungen wie eine Modernisierung der Arbeitszeiten – Stichwort zwölf Stunden Höchstarbeitszeit, wenn nötig – und eine Entbürokratisierung umgesetzt werden. Wenn sich die Sozialpartner nicht auf neue Höchstarbeitszeiten einigen könnten, müsse die Regierung eine Entscheidung treffen. "Viel wichtiger als das Geld sind uns die Rahmenbedingungen; wenn aber für KMUs ein Paket geschnürt wird, soll es auch für die Industrie eines geben", sagte Kapsch.

Ersten Berechnungen zufolge entginge dem Finanzminister dadurch zwar ein höherer dreistelliger Millionenbetrag. Allerdings könnten Industriebetriebe dadurch zu dringend benötigten Investitionen animiert werden, meint Kapsch. Und: Das KöST-Aufkommen sei in den vergangenen Jahren im Vergleich zur Lohnsteuer so und so überproportional gestiegen auf zuletzt rund 7,5 Milliarden Euro.

"Treiber der Beschäftigung"

Kapsch wies darauf hin, dass die Industrie der "Treiber der Beschäftigung" sei und inklusive der Bauwirtschaft mit rund 900.000 Menschen fast doppelt so viele Personen beschäftige wie der nächstgrößere Sektor, die öffentliche Verwaltung mit rund 550.000. Dahinter folgt der Handel mit rund 520.000 Beschäftigten.

Teile des Industriepakets sollen bis Jahresende festgezurrt sein; bei der Senkung des KöST-Satzes für nichtentnommene Gewinne werde es sicher länger dauern, gab sich Kapsch realistisch.

Tiefe Einschnitte

Reformen seien längst überfällig, der Föderalismus in der heutigen Form ein Knebel und Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung im Land. Sollte es nicht gelingen, notwendige Veränderungen etwa im Pensions- und Gesundheitssystem, aber auch eine präzise Zuordnung von Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Ländern zu erreichen, steuere Österreich sehenden Auges auf eine veritable Krise zu. Dann aber würden die Einschnitte umso schmerzhafter sein, möglicherweise bereits in fünf Jahren, sagte Kapsch. (Günther Strobl, 8.11.2017)