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Weltweit müssen viele Menschen ihr Trinkwasser kilometerweit schleppen.

Foto: APA/EPA/DAI KUROKAWA

Ein neues Gerät zur Wassergewinnung könnte das beenden.

Illustration: Waterseer

Das US-amerikanisches Unternehmen VICI Labs könnte mit einer Innovation das Problem der Wasserversorgung und -verteilung in Regionen ohne ausreichenden Zugang zu Trinkwasser lösen. Gemeinsam mit der Universität Berkeley und der National Peace Corps Association hat die Innovationsschmiede ein Gerät mit dem Namen WaterSeer ("Wasser-Seher" oder "Wasser-Weissager") entwickelt, das durch Kondensation aus der Atmosphäre sauberes Wasser gewinnt. Das Novum bei dem altbekannten Konzept: Im Gegensatz zu ähnlichen Modellen benötigt WaterSeer zur Wassergewinnung weder zusätzlich zugeführte Energie noch Chemikalien.

"Eine der Hauptaufgaben von Frauen und Kindern in manchen Regionen der Welt ist die Beschaffung von Wasser. Sie müssen oft kilometerlange Strecken zurücklegen, für die Stunden benötigt werden, um Wasser für ihre Familien zu besorgen. Dieses Wasser hat meist alles andere als Trinkwasserqualität", erklärt Nancy Curtis, die gemeinsam mit Don Zacherl VICI Labs gegründet hat, den Hintergrund des Projekts. Vergleichbare Konstruktionen, die auf der Kondensation von Luftfeuchtigkeit basieren, benötigen viel Energie zur Kühlung – konventionell oft in Form von Dieselgeneratoren zugeführt – oder eine Atmosphäre mit hoher Luftfeuchte, um eine vergleichbare Wassermenge herstellen zu können.

Gerät nutzt Temperaturen

Das Gerät von VICI Labs stützt sich hingegen auf die Temperaturdifferenz zwischen der Atmosphäre und dem kühleren Erdreich und kann auch bei trockeneren Bedingungen Wasser gewinnen. Die Funktionsweise von WaterSeer ist dabei alles andere als komplex: Das Gerät besteht im Wesentlichen aus einem Rohr mit einer Auffangkammer am unteren Teil und einer kleinen Windkraftanlage am oberen Teil. Die Konstruktion wird rund zwei Meter tief in den Boden vergraben. Mit etwas Wind funktioniert das Gerät am effizientesten: Er treibt das von außen deutlich erkennbare Windrad am oberen Ende des Rohres an, das wiederum einen Propeller im Inneren des Rohres antreibt und so beständig Luft nach unten leitet. Aufgrund der kühleren Temperaturen unter der Erde kühlt die nach unten geleitete Luft ab und lässt die enthaltene Luftfeuchtigkeit kondensieren.

Selbst bei Windstille wird allein durch den Temperaturunterschied zwischen Erdoberfläche und Erdreich durch natürliche Konvektion Wasser hergestellt – wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß. Die kondensierten Wassertröpfchen werden in dem unterirdischen Wasserreservoir gesammelt. Mithilfe einer Pumpe wird das Wasser nach oben gepumpt – bis zu 37 Liter pro Tag wie erste Feldversuche in halbtrockenem Klima zeigen, laut VICI Labs eine Verzehnfachung gegenüber anderen Designs. "Die ersten Modelle gewannen lediglich rund 1,5 Liter sauberes Wasser pro Tag. Durch Verbesserungen des Designs gemeinsam mit unseren Partnern konnten wir die Menge vervielfachen", sagt Curtis.

Sauberer als Regenwasser

Das von WaterSeer hergestellte Wasser ist dabei sauberer als Regenwasser, das in vielen Teilen der Erde als Trinkwasser verwendet wird. Denn durch die bodennahe Kondensation werden entscheidende Entstehungsprozess von saurem Regen umgangen. Regenwasser kann überdies auf dem Weg zur Erdoberfläche Schmutzpartikel aufnehmen oder ist auch später bei längerer Lagerung in Regenauffangbecken verstärkt der Gefahr einer Verunreinigung ausgesetzt.

Ein zusätzlicher Filter im WaterSeer hält Schmutz und Insekten ab. "Die rund drei Meter lange und 25 Kilo schwere Konstruktion ist einfach zu reinigen und leicht genug, um von einer oder zwei Personen örtlich versetzt zu werden, falls notwendig. Wir legen ein besonderes Augenmerk auf die Einfachheit bei der Herstellung, Installation und Instandhaltung um vor Ort möglichst problemlos zu funktionieren – dies alles bei größtmöglicher Effizienz, so VICI Labs Mitbegründer Don Zacherl.

WaterSeer wurde von VICI Labs als Non-Profit Initiative entwickelt. Das Ziel der noch laufenden Crowdfunding-Kampagne, umgerechnet rund 70.000 Euro einzunehmen, ist längst erreicht. Innerhalb des ersten Monats hat das Unternehmen bereits mehr als 182.000 Euro gesammelt.

Wer innerhalb der USA rund 122 Euro spendet, erhält später ein Modell geschenkt. Für jedes gespendete oder gekaufte Modell wird ein weiteres Gerät via Non-Profit-Organisationen an Menschen gespendet, die es am dringendsten benötigen. In den nächsten sechs Monaten soll der neu entwickelte Prototyp überarbeitet und nochmals in Feldversuchen getestet werden. Die ersten Auslieferungen der Geräte sind für 2017 geplant. (Ursula Schersch aus Boston, 10.11.2016)