Die FPÖ organisiert eine Gedenkveranstaltung zum Novemberpogrom 1938 gegen die Juden, das im eben angeschlossenen Österreich mit besonderer Begeisterung von der Bevölkerung mitgetragen wurde.

Das ist bemerkenswert, denn die Vorläuferpartei der FPÖ (VdU) und die FPÖ selbst waren immer wieder antisemitisch geprägt. Noch 2001 gab Jörg Haider eine Reihe von antisemitischen Pöbeleien von sich.

Nun sind Haiders Nachfolger bei einer proisraelischen Politik angelangt, die in Wirklichkeit eine antimuslimische ist. Wahrscheinlich sind Strache, Hofer & Co trotz der entsprechenden Tradition in ihrer Partei keine Antisemiten (mehr). Moderner extremer Rechtspopulismus kommt ganz gut auch ohne diese Hassfigur aus.

Das wäre zu begrüßen, würde nicht die neue offizielle Politik der FPÖ eine schwere Problematik beinhalten. Die Kontakte der FPÖ bestehen ausnahmslos zur äußersten Rechten der israelischen Politik. Konkret, die Verbindungen von Strache & Co sind zu jenem (derzeit dominierenden) Teil der israelischen Politik, der nicht daran denkt, die Besatzung der Palästinensergebiete (2017 sind es 50 Jahre) zu beenden oder das Land irgendwann für eine "Zwei-Staaten-Lösung" zurückzugeben.

Die beiden israelischen Persönlichkeiten, die von der FPÖ eingeladen wurden, der ehemalige, nun 90-jährige Geheimdienstchef Rafi Eitan und der ehemalige Knesset-Abgeordnete Michael Kleiner, gehören zu diesem Segment der israelischen Politik. Im April dieses Jahres besuchte Strache zwar die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, aber eben auch eine Siedlung am Jordan mitten im Palästinensergebiet.

Wer ein positives Interesse an Israel nimmt, muss mit einer irritierenden Gemengelage leben: einerseits der Gewissheit, dass die Regierung Netanjahu auf unabsehbare Zeit die Besatzung aufrechterhalten will; andererseits immer neuen Zeichen, dass die Araber existenzielle Bedingungen Israels nicht anerkennen. Kürzlich verabschiedete die Unesco eine Resolution zum Thema "besetztes Palästina", die den Tempelberg in Jerusalem lediglich als heilige Stätte der Muslime erwähnt. Die Tatsache, dass dort vor 3000 Jahren der erste salomonische und vor rund 2500 Jahren der zweite Tempel errichtet wurde (von den Römern zerstört, die übrig gebliebene Stützmauer bildet die "Klagemauer"), wurde ignoriert.

Muslimische Fanatiker leugnen sogar die jüdische Geschichte des Tempelberges. Sie lassen nur die im siebenten Jahrhundert nach der Eroberung durch die Araber errichteten muslimischen Bauten – der Felsendom mit seiner Goldenen Kuppel und die al-Aqsa-Moschee – gelten. Damit wird aber auch die christliche Religionsgeschichte relativiert, denn der Religionsgründer Jesus wählte ja den Tempel für seine dramatische Aktion, die Vertreibung der Geldwechsler.

Strache & Co haben ihre Entscheidung getroffen: Sie unterstützen den radikalsten Teil der israelischen Politik und Gesellschaft und erwarten Unterstützung von dort. Was das im Falle einer Kanzlerschaft für das Verhältnis zur muslimischen Welt bedeutet, ist äußerst fraglich. (Hans Rauscher, 8.11.2016)