Mit Phantasiepassnummern zur Wahlkarte? Journalisten haben es versucht. Geht aber nicht, beruhigen die Behörden.

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Salzburg – Ein krimineller Akt oder der lautere Versuch von Medienleuten auf Sicherheitslücken hinzuweisen? Die mit Sonderlichkeiten wahrlich nicht geizende Bundespräsidentenwahl 2016 ist um eine Posse reicher: Journalisten des Onlineportals nzz.at und der Salzburger Nachrichten haben versucht, mit falschen Passnummern Wahlkarten bei den Gemeinden zu bestellen. Bei der Nummerauswahl war man wenig kreativ: "P1234567" lautete eine der falschen Nummern.

Soweit bis Dienstagabend bekannt war, dürften aber keine Wahlkarten aufgrund falscher Angaben versendet worden sein. Das sagt zumindest der zuständige Sektionsleiter im Innenministerium Mathias Vogl.

Offensichtliche Zahlenstürze

Ähnlich auch der Salzburger Magistratsdirektor Martin Floss: Da Passnummern als "security class 3"-Daten gelten, dürften sie nicht durch die EDV abgeglichen werden, die Daten würden alle durch Beamte persönlich überprüft. In Salzburg seien von den 1100 eingegangenen Bestellungen 20 mit falschen Passnummern angekommen. "Ein Großteil davon offensichtliche Zahlenstürze", sagt Floss. Dann würden die Antragsteller persönlich kontaktiert und der Vorgang im Wahlakt dokumentiert.

Aus Sicht des Innenministeriums ist die Lage klar: Wenn die jeweilige Gemeinde die Überprüfung korrekt durchführt, könne es zu keiner fehlerhaften Ausstellung von Wahlkarten kommen.

Landeskriminalamt ermittelt

Die Causa ist dennoch brisant, waren es doch die Wahlkarten, die zur Wiederholung der Stichwahl geführt hatten. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) bezeichnet den Versuch, das Sicherheitssystem auszuhebeln als "Nullum": Die Wahlbehörde sei verpflichtet zu überprüfen, ob die Passnummer mit dem Antragsteller ident sei. Auch die Zustellung per eingeschriebenem Brief sei eine weitere Sicherheitsschleife, sagt Sobotka.

Im Prinzip handelt es sich bei dem Versuch, sich mit falschen Daten eine Wahlkarte zu erschleichen, um eine kriminelle Handlung. Strafdrohung: ein Jahr Haft. In Vorarlberg ermittelt bereits das Landeskriminalamt.

"Obskure" Aktion

Für die FPÖ, seit jeher eine Gegnerin der Briefwahl, ist die Aktion von nzz.at und Salzburger Nachrichten ein gefundenes Fressen: Parteichef Heinz-Christian verlangte als "Mindestanforderung", dass man sich die Briefwahlkarte persönlich abholen müsse. Über eine neuerliche Anfechtung der Stichwahl am 4. Dezember wolle Strache aber nicht nachdenken. Betont gelassen reagieren die Grünen: "Wenn sich jemand rechtswidrig verhält, gibt es das Strafrecht", sagt Bundessprecherin Eva Glawischnig.

Heftige Kritik an den beiden Medienunternehmen kommt von Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ). Da keine Wahlkarte falsch ausgestellt worden sei, ist für Schaden die Berichterstattung "obskur". Es sei jeder journalistische Grundsatz von check und re-check missachtet worden, sagt Schaden.

Die Neos wiederum sind voll des Lobes für die Journalisten und fordern von Innenminister Sobotka ein Ende der Ermittlungen: "Bevor Sobotka juristisch gegen die vorgeht, die ihrer journalistischen Verantwortung nachgekommen sind und Schwachstellen aufgedeckt haben", solle er lieber für einen reibungslosen Ablauf der Wahl sorgen, sagt Verfassungssprecher Nikolaus Scherak. (Thomas Neuhold, 9.11.2016)