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Trump-Halloween-Masken in einem Geschäft in Hollywood.

Foto: Reuters/Anzuoni

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Proteste gegen Trump in New York.

Foto: Reuters/Nicholson

Zwei Dinge sind fix: Donald Trump wird 45. Präsident der USA, und wir werden alle sterben. Der Wahlsieg des Republikaners ist kein Grund für Panik, denn angekündigte Weltuntergänge finden nicht statt. Weder hat zum Jahrtausendwechsel der Millennium Bug unsere computergestützte Zivilisation dahingerafft, noch wurde der Planet von einem Schwarzen Loch verschluckt, als 2008 der Teilchenbeschleuniger LHC eingeschaltet wurde. Auf den Maya-Kalender ist sowieso kein Verlass. Und auch ein Potus Trump wird die Welt nicht in einen Atomkrieg führen, wie manche Apologeten des Untergangs skizzieren.

Oft wird den Wählern von populistischen Großmäulern, wie Trump eines ist, Angst als Hauptwahlmotiv zugeschrieben. Das mag schon stimmen, viele Menschen sorgen sich vor wirtschaftlichem Abstieg, steigender Kriminalität und fühlen sich von den etablierten Parteien nicht ausreichend vertreten, was sie dubiosen Heilsversprechern in die Arme treibt. Aber auch Hillary Clintons Kampagne war im wesentlichen auf Angst ausgerichtet: nämlich die Angst vor Trump. Trump zu verhindern, war das Hauptmotiv, Clinton zu wählen. Doch weder steht das Schicksal der Welt am Abgrund, noch war diese US-Wahl eine "Abstimmung über die Demokratie", wie Noch-Präsident Barack Obama bei einem Wahlkampfauftritt für Clinton drohte. Der überwiegende Teil der politischen Beobachter überbot sich gegenseitig mit Prognosen, was der Welt blüht, wenn Trump die Wahl gewinnt. Angst ist jedoch niemals ein guter Ratgeber und schon gar kein seriöses Wahlkampfargument.

Wäre die Alternative erfreulicher?

Dass Trump nun ins Weiße Haus einzieht ist eine unerquickliche Vorstellung, das stimmt. Doch wäre die Alternative erfreulicher? Es ist schließlich nicht so, dass bei dieser Wahl eine Entscheidung zwischen einem Hitler und einem Gandhi zu treffen war. Wenn diese Auswahl das beste war, das die USA an Führungskräften aufzubieten hatte, ist das traurig. Die Demokraten müssen sich nach dieser Wahlnacht jedenfalls die Frage stellen, warum sie ausgerechnet eine Antipathieträgerin wie Hillary Clinton zu ihrer Kandidatin gemacht haben – im Gegensatz zum republikanischen Kuriositätenkabinett hatten sie mit Bernie Sanders wenigstens einen Bewerber mit interessanten Ansätzen.

Es ist richtig, Trump ist unberechenbar, das ist beängstigend. Doch im Falle seiner Kontrahentin sorgte just das Gegenteil für das gleiche Resultat: man weiß, wofür sie steht, und das bot keinen Anlass für Euphorie.

Vielleicht wäre Clinton für die USA, für Europa und für die Welt eine bessere Entscheidung gewesen, vielleicht aber auch nicht. Die Hauptbedrohungen für Europa liegen in den Kriegen in Libyen und Syrien, die der direkte Auslöser für die Flüchtlingskrise waren. Sowohl der Umsturz in Libyen als auch der Umsturzversuch in Syrien sind, natürlich neben anderen Faktoren, ein Produkt der Politik, für die Hillary Clinton steht – beide Krisen eskalierten nicht zufällig während ihrer Amtszeit als Außenministerin.

Unter Clinton auszuschließen

Für die EU muss eine Lösung dieser Krisen oberste Priorität haben. Dazu bedarf es auch einer Zusammenarbeit mit Russland, was vielen zu akzeptieren schwerfällt. Unter einer Präsidentin Clinton wäre dies wohl auszuschließen. Ob Trumps Regierung in der Lage sein wird, hier für einen Spin in die richtige Richtung zu sorgen, wird in erster Linie von seinen außenpolitischen Beratern abhängen. Es könnte Trump passieren, dass er dafür nur "auf die zweite, dritte Reihe zurückgreifen" kann, wie Teresa Eder aus Washington meldete. Doch wenn der Status quo das Resultat der Berater aus der ersten Reihe ist, kann es eigentlich auch nicht schlimmer werden.

Was nun benötigt wird, ist keine Fortsetzung des Alarmismus und der Untergangsprophezie, sondern eine nüchterne, lösungsorientierte Politik. Für die EU kann es auch positive Impulse geben, wenn Trump zum Beispiel die Ankündigung wahr macht, die Rolle der Nato zurückzuschrauben. Dies könnte schließlich zu einer eigenständigeren europäischen Außen- und Sicherheitspolitik führen, die diese Bezeichnung auch verdient.

Allen, die sich nun davor fürchten, was in den nächsten Jahren auf sie zukommt, sei jedenfalls gesagt: Die Zukunft ist noch nicht geschrieben. (Michael Vosatka, 10.11.2016)