Stark angestiegen ist die Zahl der Start-ups im digitalen Bereich, von 44 Prozent auf über 60 Prozent. Aber: "Wir verzeichnen in der aktuellen Studie aber auch einen Rückgang bei der Anzahl von Gründungen durch Frauen", sagt Rudolf Dömötör, Direktor des WU Gründungszentrums.

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Bereits zum zweiten Mal nahm das WU Gründungszentrum im Zuge der internationalen Vergleichsstudie "European Startup Monitor", einer Initiative des Bundesverbands Deutsche Start-ups e.V., die österreichische Start-up-Landschaft unter die Lupe. In einer detaillierten Befragung gaben 134 Start-ups Auskunft über ihre Demografie, Branche, Finanzierungsquellen, Entwicklungspläne, Erwartungen und Wünsche. "Mit der nunmehr zweiten großen Datenerhebung innerhalb eines Jahres konnten wir ein konsistentes Bild von der österreichischen Start-up-Szene gewinnen", so Rudolf Dömötör, Direktor des WU Gründungszentrums. Und weiter: "Unterschiede zum Vorjahr sehen wir insbesondere beim Anstieg der durchschnittlichen Mitarbeiterzahl und einem größeren Anteil von Start-ups in der digitalen Industrie. Wir verzeichnen in der aktuellen Studie aber auch einen Rückgang bei der Anzahl von Gründungen durch Frauen."

Viele Wiederholungstäter

Das Profil der Gründer in Österreich ähnelt jenem vom letzten Jahr: Zum Zeitpunkt der Gründung sind die Jungunternehmer im Durchschnitt 31,1 Jahre alt, in 92,9 Prozent der Fälle männlich und immerhin 32,2 Prozent der Founder in Österreich haben keinen österreichischen Reisepass. Für 41 Prozent der Befragten ist es nicht die erste Unternehmensgründung, sie sind in gewisser Weise Wiederholungstäter und haben bereits mindestens ein weiteres Start-up auf die Beine gestellt – 18 Prozent haben vor dem aktuellen Venture sogar bereits zwei oder mehr Unternehmen gegründet. Demnach ist fast jeder fünfte Gründer der österreichischen Start-up-Szene ein sogenannter "Serial Entrepreneur". Stark angestiegen ist die Zahl der Start-ups im digitalen Bereich, von 44 Prozent auf über 60 Prozent. Rund die Hälfte der Befragten stuft ihr Produkt als weltweite Innovation ein, rund drei Viertel exportieren ihr Produkt bzw. ihren Service auch bereits in andere Länder. Immerhin ein Viertel der österreichischen Start-ups erwirtschaftet bereits Umsätze von mehr als 250.000 Euro.

Mehr Zeit für Wachstum

Nur wenige Gründer wagen laut Studie alleine den Schritt zum eigenen Unternehmen, 80 Prozent der Gründungen erfolgen von Teams mit durchschnittlich 2,3 Personen. 20 Prozent der befragten Start-ups befinden sich noch in der sogenannten Seed-Phase, der ersten Finanzierungsphase für Entwicklung und erste Umsetzung des Geschäftskonzepts. Die Hälfte der Befragten steht in der "Start-up Phase", das heißt ihr erstes "Produkt" ist fertig und sie generieren bereits erste Umsätze. Ein Viertel ist bereits einen Schritt weiter, in der sogenannten "Wachstumsphase". Sie beschäftigen durchschnittlich 8,7 Mitarbeiter, um 1,2 Personen mehr als im letzten Jahr. Im Unterschied zum Vorjahr wollen sich zudem viele Gründer für ihr Wachstum nun doch etwas mehr Zeit lassen: Während im vergangenen Jahr nahezu alle Befragten angaben, binnen zwölf Monaten die Zahl der Mitarbeiter um durchschnittlich 5,5 Personen steigern zu wollen, planen nun nur 72 Prozent im nächsten Jahr durchschnittlich 4,1 neue Mitarbeiter anzustellen.

Woher das Geld kommt

Auch die Finanzen wurden abgefragt: 86 Prozent der Gründer wenden ihr Eigenkapital für die Unternehmen auf, mehr als ein Viertel sogar ausschließlich. Eine weitere wichtige Finanzquelle sind öffentliche Fördertöpfe, auf die bislang von 55 Prozent zugegriffen wurde. Business Angels halfen in 21 Prozent der Gründungen aus. 30 Prozent waren in einem Inkubator- oder Accelerator-Programm. 24 Prozent weisen eine Venture-Capital-Finanzierung aus. Crowdfunding wurde von fünf Prozent der Start-ups genutzt. Um das Wachstum und die Entwicklung weiter voranzutreiben, planen mehr als drei Viertel der Start-ups innerhalb der nächsten zwölf Monate eine Finanzierungsrunde durchzuführen, etwa ein Drittel der Start-ups sucht Investments von über 500.000 Euro.

Die Wunschliste

77 Prozent der Start-ups blicken ihrer künftigen wirtschaftlichen Entwicklung positiv entgegen. Als größte Herausforderungen empfinden die GründerInnen Vertrieb und Kundenakquise, gefolgt vom Management des Wachstums, der Produktentwicklung und der Sicherstellung der Finanzierung. Von der Politik wünscht man sich insbesondere mehr finanzielle Unterstützung, 45 Prozent erhoffen sich Steuererleichterungen für Neugründungen und Investments, Unterstützung bei der Suche nach Investoren, insbesondere bei der Wachstumsfinanzierung. Auch Bürokratieabbau und die erleichterte Anstellung von Nicht-EU-BürgerInnen, nennen 20 Prozent. Elf Prozent wünschen sich ein positiveres gesellschaftliches Klima zu Unternehmertum. (lhag, 10.11.2016)