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Viele Österreicher sind Couch-Potatos. Das kann Bewegungsmangel, Übergewicht und Diabetes zur Folge haben.

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Diabetes, Cholesterin und die Genderfrage: Über Stoffwechselstörungen diskutierten (von rechts) Gabriele Hanauer-Mader (FHchol, Selbsthilfe für familiäre Hypercholesterinämie), Gendermedizinerin Alexandra Kautzk-Willer (Med-Uni Wien), Martin Schaffenrath (Hauptverband) und Diabetesberaterin Sigrid Winklehner, Karin Pollack (DER STANDARD) moderierte.

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Wien – Viele Österreicher mögen es gemütlich. Die wichtigsten Säulen dafür: Bewegungsarmut und Essen. Fett und Zucker schmecken besonders gut. Das hat Folgen, schon bei jungen Menschen. Einer OECD-Studie zufolge geben nur 23 Prozent der Mädchen an, dass sie sich gesund ernähren, unter den Burschen sind es sogar nur zwölf Prozent. Das kann krankmachen, wie die steigenden Zahlen von Übergewicht und Typ-2-Diabetes nahelegen.

DER STANDARD lud gemeinsam mit Sanofi zur Diskussion ins Wiener Museumsquartier. Man hatte die Volkskrankheiten um die Geschlechterfrage erweitert. Den Auftakt machte die Frage, ob Frauen oder Männer anfälliger für Übergewicht, erhöhtes Cholesterin und Diabetes sind. "Frauen haben genetisch ein höheres Adipositasrisiko. Von Übergewicht sind aber mehr Männer betroffen, vor allem Jüngere", erklärte Alexandra Kautzky-Willer, Internistin und Genderspezialistin an der Med-Uni Wien.

Biologisch betrachtet sorgen vor allem die Sexualhormone für Unterschiede im Stoffwechsel. Frauen sind hier bis zur Menopause im Vorteil: "Östrogen und Progesteron schützen. Sie bewirken eine bessere Insulinempfindlichkeit, einen geringeren LDL-Cholesterinspiegel und niedrigere Nüchternblutzuckerwerte", so die Medizinerin. Mit den Wechseljahren kommt es zu Veränderungen: "Blutdruck, LDL-Cholesterin und Insulinresistenz steigen" so Kautzky-Willer. Dadurch erhöht sich das Risiko für Gefäßerkrankungen, Herzinfarkt und Diabetes. Erschwerend kommt hinzu: Ein chronisch erhöhter Blutzuckerspiegel wird häufig erst spät diagnostiziert. Von den etwa 600.000 Erkrankten in Österreich weiß schätzungsweise ein Viertel der Betroffenen nichts von ihrer Erkrankung. Denn: "Diabetes tut nicht weh", wie Martin Schaffenrath, stellvertretende Vorsitzende vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, betonte.

Männer fühlen sich gesünder

Früherkennung sollte demnach die Strategie sein. Was ihn besorgt: Die Österreicher sind Vorsorgemuffel. Nur 500.000 Menschen nützen jährlich dieses Angebot. Auch hier ist Gender ein Thema. Während Frauen ihre Gesundheit subjektiv kritisch einschätzen, leben deutlich mehr Männer in der trügerischen Wohlfühlzone. Laut einer Umfrage geben 37 Prozent der Frauen im Alter von 65 Jahren an, dass sie ohne gesundheitliche Einschränkungen leben. Bei den Männern sind es 47 Prozent.

Was die Sache nicht einfacher macht: Diabetes ist eine komplexe Erkrankung, die ein "individuelles Management erfordert", betonte Diabetesberaterin Sigrid Winklehner. Das gibt es mit dem Programm "Therapie aktiv" zwar schon lange, allerdings nicht flächendeckend, vor allem am Land nicht. "Es ist erschreckend, dass es sieben Jahre gedauert hat, bis alle Bundesländer ins Boot geholt werden konnten", übte sich Schaffenrath in Selbstkritik. Ziel des Programms ist die Änderung des Lebensstils. "Dadurch kann eine medikamentöse Behandlung lange hinausgezögert werden", sagte Kautzky-Willer. Wichtig sei es aber, die Patienten nicht zu überfordern. "Zu sagen, ab morgen muss alles anders sein, bringt nichts. Hier ist eine Politik der kleinen Schritte angebracht, unabhängig ob Mann oder Frau", so die Gendermedizinerin. "Der Patient muss einen Sinn darin sehen, etwas zu verändern. Das gelingt nicht mit Horrorszenarien", stimmte auch Winklehner zu. Es gibt aber zwei Ausnahmen, wie Kautzky-Willer ausführte. "Bei jüngeren Frauen ist es die komplizierte Schwangerschaft, bei Männern die drohende Impotenz. Da wirkt der erhobene Zeigefinger ein klein wenig." (Günther Brandstetter, 11.11.2016)