Miami/Marrakesch – Laut einer aktuellen Studie beeinflusst die Erderwärmung schon jetzt die meisten Lebewesen auf der Erde. Die globale Erwärmung verändere 82 Prozent der ökologischen Schlüsselprozesse wie etwa Wanderungsbewegungen oder die genetische Vielfalt, berichten Forscher um Brett Scheffers von der University of Florida im Wissenschaftsmagazin "Science".

Die Auswirkungen des Klimawandels seien zu Lande, in den Meeren und Binnengewässern nachweisbar – und das, obwohl sich die Erde bisher erst um ein Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmt habe, heißt es in der Studie weiter. "Wir haben jetzt den Beweis, dass mit nur einem Grad Celsius Erderwärmung schon größere Auswirkungen zu spüren sind", so Scheffers.

Ein Prozess mit vielen Auswirkungen

Der Klimawandel begünstigt laut Scheffers unter anderem die Ausbreitung von Genmutationen und Veränderungen der körperlichen Eigenschaften von Lebewesen wie etwa der Größe. Außerdem zögen einige Arten wegen der Erderwärmung "in völlig neue Gebiete". Der Mensch bekomme die Veränderungen durch Epidemien, Ernteausfälle und weniger Ertrag bei der Fischerei zu spüren.

Für die Studie untersuchten die Wissenschafter 94 ökologische Prozesse, die in der Fachliteratur beschrieben wurden. Scheffers' Team warnte, dass wegen der Erderwärmung Wetterextreme wie Stürme und Hitzewellen häufiger würden, die Ernährungssicherheit gefährdet werde und Lebensräume für Menschen und andere Lebewesen verloren gingen.

"Es ist nicht mehr vernünftig, das als ein Problem der Zukunft zu betrachten"

"Wir sind einfach überrascht über den Grad der Veränderung, den wir festgestellt haben, den viele in der Welt der Wissenschaft jahrzehntelang nicht erwartet haben", erklärte Koautor James Watson von der University of Queensland. "Es ist nicht mehr vernünftig, das als ein Problem der Zukunft zu betrachten, und wenn wir nicht schnell handeln, um die Emissionen herunterzufahren, ist es wahrscheinlich, dass jedes Ökosystem der Erde sich noch zu unseren Lebzeiten grundlegend verändert."

Bei der UN-Klimakonferenz in Marokko berät derzeit die internationale Gemeinschaft über die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens, mit dessen Hilfe die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber unter 1,5 Grad, begrenzt werden soll. Die bisherigen nationalen Zusagen reichen dazu bei weitem nicht aus. Für Beunruhigung sorgt in Marrakesch auch, dass der künftige US-Präsident Donald Trump nicht an den Klimawandel glaubt und entsprechend keinen Handlungsbedarf sieht. (APA, red, 12. 11. 2016)