Die österreichische Bundeskanzlerin und ihre Stellvertreterin haben sich kürzlich zu einem Krisengespräch getroffen, erklärt die Vizekanzlerin und ÖVP-Parteichefin in einem Interview. Zuvor hatte es dicke Luft in der Koalition gegeben. Doch eine kurze Vier-Augen-Unterredung zwischen den Spitzenfunktionärinnen habe das Problem ausgeräumt – "wie unter Frauen üblich".

Klingt seltsam? Das Tête-à-Tête soll tatsächlich so stattgefunden haben, nur waren die Akteure natürlich von anderem Geschlecht. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner war es, der in der Tiroler Tageszeitung von dem Männergespräch, das die Koalition quasi gerettet haben soll, berichtete. Was der ÖVP-Chef allerdings nicht dazusagte: Es sind auch hauptsächlich Gespräche unter Männern, wie sie in der österreichischen Politik "üblich" sind, die Rot-Schwarz regelmäßig an den Rand des Zusammenbruchs führen.

Muss man sich im Jahr 2016 wundern, wenn ein Regierungspolitiker den Mythos der hemdsärmeligen Männerbündelei beschwört? Leider nicht. Frauen spielen in der heimischen Spitzenpolitik kaum eine Rolle. Kanzler, Vizekanzler, alle Landeshauptleute, mehr als zwei Drittel der Nationalratsabgeordneten und über 90 Prozent der Bürgermeister(innen) sind Männer. Der nächste Präsident wird: ein Mann. Politische "Männergespräche" sind also wenig überraschend. Frauen können sich bei solchen aber beim besten Willen nicht mitgemeint fühlen. (Katharina Mittelstaedt, 11.11.2016)