
Sie wurde ca. 900 km von ihrer Heimatstadt Teheran verhaftet. Das war am 5. März 2008 in Mashadad. Wochenlang war sie von der Außenwelt abgeschnitten und hatte weder Zugang zu einem Rechtsbeistand noch zu Familie und Verwandten. Sie wurde zusammen mit sechs anderen Bahá'í-Führern zu 20 Jahren Haft verurteilt.
Die UN-Arbeitsgruppe (Working Group on Arbitrary Detention) beurteilte ihr Verfahren und das der sechs anderen Bahá'í-Führer als willkürlich und forderte ihre sofortige und bedingungslose Freilassung. Es wurden Verstöße gegen die Artikel 10 und 18 der UN-Menschenrechtscharta festgestellt, wie auch gegen die Artikel 9, 14 und 18, die vom Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt vom 16. 12. 1966) garantiert werden. Diesem Zivilpakt ist auch der Iran beigetreten. Ihre Inhaftierung ist ein klarer Verstoß gegen die Religionsfreiheit.
Die 63-jährige Lehrerin Mahvash Sabet wurde wegen ihrer Religion aus dem Schuldienst entlassen, 15 Jahre leitete sie ein Bahá'í-Institut für höhere Bildung. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Erst im Gefängnis wurde sie zur Lyrikerin.
Das Writers-in-Prison-Committee (WIPC) des Österreichischen PEN hat bereits zahlreiche Versuche unternommen, die iranischen Behörden auf ihren Fall aufmerksam zu machen. Anlässlich der Iranreise des damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer im vergangenen Jahr hat das hiesige Writers-in-Prison-Komitee um eine humanitäre Intervention gebeten. Mahvet Sabets Name stand auf einer Liste von Fällen, die den iranischen Gesprächspartnern anlässlich der Reise des Bundespräsidenten übergeben wurde. Das Menschenrechtsbüro des österreichischen Außenministeriums hat für Mahvash bei iranischen Gesprächspartnern interveniert. PEN International hat weltweit ihren Fall aufgegriffen. Bis dato ohne Erfolg.
Vor einem Jahr schrieb sie aus dem Gefängnis:
Als ich hinter dem dunklen und schmutzigen Fenster der Besucherhalle des Gefängnisses die Bücher sah, die eure Mitglieder mir als Geschenke gesandt hatten und als ich ihre Briefe las, fühlte ich, wie sich mein Herz mit Freude füllte und mir Tränen über das Gesicht rannen. Wie hätte ich mir je vorstellen können, dass ich nach sieben Jahren meiner 20-jährigen Haftstrafe Freunde in einigen der entferntesten Orte der Erde finden würde, die mit mir die Ideale des Friedens, der Gleichheit und der Brüderlichkeit teilen. Mit unserem Leiden halten wir die Pflanze der Liebe und der Hoffnung am Leben.
Immerhin wurde Mahvash Sabet im Oktober 2016 nach acht Jahren im Gefängnis zum ersten Mal ein fünftägiger Hafturlaub gewährt, den sie im Kreise ihrer Familie verbringen konnte. Anschließend musste sie wieder ins Gefängnis zurückkehren. Jetzt erscheint auch ein Buch von ihr auf Deutsch, das der Österreichische PEN-Club ermöglicht hat: Mahvash Sabets Keine Grenzen versammelt ihre Gedichte aus dem Gefängnis. Das Buch erscheint im Wiener Löcker-Verlag, der sich in den vergangenen Jahren große Verdienste um die Sichtbarmachung inhaftierter Schriftsteller erworben hat:
Die Quelle meiner Gedanken ist versiegt,
Eingetaucht in Stille und Standfestigkeit,
In den Schatten der Gegenstände und Menschen.
Die Schritte meines Schweigens
Sind zu laut für meine Zelle.
Wie ich mich dir gegenüber fühle,
Kann ich nicht beschreiben.
Im Warten auf ein anderes Verständnis meines Lebens –
Fortschritt als Folge des Leidens.
Ich kann nicht die bleiben, die ich war,
Und zurückkehren zu dem Punkt, an dem ich gewesen bin,
Und jenen Weg fortsetzen,
Den ich zuvor gegangen bin.
Ach, es geht nicht und soll nicht sein!
Gib mir Hilfe, Du meine reine himmlische Macht!
Wehe, wenn ich die Schmerzen, die mein Herz bedrücken,
In tausend Narben lausiger Bosheit verwandle.
Hilf mir, dass ich Dich haben will, und das mag genug sein.
Hilf mir, dass ich Dich rufen kann, und das mag genug sein.
Um zu einem anderen Verständnis des Lebens zu gelangen,
Von mir selbst,
Von Dir ...
Wie bedürftig ich bin!
Aus dem Farsi übertragen von Nahid Bagheri-Goldschmied.
(Wolfgang Martin Roth, Album, 12.11.2016)