Die Wohnbevölkerung Wiens ist am mobilsten, jene des Burgenlands traut sich am ehesten auch über Bundesländergrenzen hinweg siedeln.

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Wien – Dass der Zuzug nach Österreich zuletzt stark stieg, ist kein Geheimnis. 214.410 Menschen kamen 2015 ins Land – ein Rekordwert, zu dem rund 90.000 Asylwerber einen größeren und knapp 16.000 österreichische Rückkehrer einen kleineren Teil beitrugen. Den Rest besorgten vor allem Zuwanderer aus EU-Staaten.

Weniger bekannt ist, dass sich die Wegzüge ebenso mehren. 101.343 Personen verließen im Vorjahr Österreich, auch das ist ein Höchststand. Dabei handelt es sich aber nicht verstärkt um Österreicher, die zu Hause keine Perspektive mehr sehen. Im Gegenteil: Rund 21.000 österreichische Staatsbürger gingen 2015 in die Welt hinaus; in zwölf der vergangenen 15 Jahre war diese Zahl höher. 2002 etwa kehrten noch über 30.000 Landsleute ihrer Heimat den Rücken.

Es sind im Umkehrschluss fremde Staatsangehörige, die für diesen Trend sorgen: Gingen 2002 noch rund 44.000 Ausländer zurück in das Heimat- oder weiter in ein Drittland, so hat sich deren Zahl bis 2015 auf 80.000 fast verdoppelt. Auch hier handelt es sich großteils um EU-Wanderungen, ferner um Abschiebungen sowie freiwillige Ausreisen wegen fehlender Aufenthaltstitel.

Das eigene Bundesland ist immer Favorit

Die Auslandsmigration macht, verglichen mit der Binnenmigration, aber nur einen Bruchteil aus: 795.028 Wanderungsbewegungen gab es 2015 innerhalb Österreichs, rund 150.000 mehr als noch 2002. Auch diesen Anstieg bewirkten zuletzt in erster Linie fremde Staatsbürger, etwa durch Verlegungen in andere Asylquartiere. Mit zwei Dritteln der Fälle bilden reguläre Wohnortwechsel österreichischer Staatsbürger aber nach wie vor die große Mehrheit.

Dabei sind die Wiener im Bundesländervergleich am mobilsten. Gemessen an den 1,8 Millionen Hauptstädtern, gab es im Vorjahr 210.000 Binnenwanderungsfälle – oder eine theoretische Rate von 11,7 Prozent. An letzter Stelle lag bei dieser Kennziffer das Burgenland mit einer Quote von 6,8 Prozent.

Wenn die Burgenländer aber umziehen, dann richtig. Zwar gilt für sie wie für alle Bewohner Österreichs: Das eigene Bundesland ist mit großem Abstand immer das beliebteste Ziel (zumeist bleibt man auch dem bisherigen Bezirk und sogar der bisherigen Gemeinde treu). Bei einem Drittel der burgenländischen Binnenwanderungen war das Ziel aber ein "fremdes" Bundesland, und dieser Wert ist ungeschlagen. Österreichweit lag er bei 15,5 Prozent.

Besonders heimatverbunden waren dagegen die übersiedelnden Oberösterreicher: Dort führte nur jeder zehnte Umzug in ein anderes Bundesland. Mit je zehn bis elf Prozent blieben auch die Steirer, Kärntner, Tiroler und Vorarlberger unter dem Bundesschnitt. Darüber lagen neben den Burgenländern auch die Salzburger (16 Prozent), die Wiener (18 Prozent) und die Niederösterreicher (25 Prozent).

Leicht positiver Saldo für Wien

Die Wanderungsbewegungen von und nach Wien haben für die meisten Bundesländer besonderes Gewicht. So ist die Bundeshauptstadt hinter dem jeweils eigenen Bundesland bei Niederösterreichern, Burgenländern, Steirern, Vorarlbergern und Oberösterreichern am beliebtesten. Salzburger und Tiroler hingegen ziehen am öftesten nach Oberösterreich; bei den Kärntnern ist die Steiermark die gefragteste Wahlheimat; und aus der Stadt fortziehende Wiener gehen am ehesten nach Niederösterreich.

Grafik: Der Standard, Quelle: Statistik Austria

Insgesamt hielten sich im Vorjahr die Zuzüge aus den Bundesländern nach Wien (37.175 Fälle) und die Wegzüge von Wien in die Bundesländer (35.932 Fälle) ungefähr die Waage. Der knapp zugunsten Wiens ausschlagende Saldo ist ein relativ junges Phänomen: Zwischen 2003 und 2008 zogen noch mehr Wiener in die Bundesländer als umgekehrt.

Die Motive für Umzüge zwischen verschiedenen Bundesländern werden laut einem Sprecher der Statistik Austria nicht systematisch erhoben, doch lassen die Zahlen immerhin Interpretationen zu. So spiele in den meisten Fällen die räumliche Nähe zweier Länder die entscheidende Rolle.

Die Analyse von Alterskohorten zeige zudem, dass Bildungseinrichtungen die 18- bis 26-Jährigen in die Städte führen, 27- bis 36-Jährige zur Familiengründung in Vororten siedeln und Menschen im Pensionsalter auch Umzüge nach weiter weg in Kauf nehmen, so es dort bessere Betreuungsangebote gibt. (Michael Matzenberger, 16.11.2016)