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Aktionäre protestierten wiederholt gegen zu hohe Managergehälter.

Foto: Reuters/Kai Pfaffenbach

Frankfurt/Wien – Neben dem Grundgehalt noch mal das Dreifache als Bonuszahlung kassieren: Wovon durchschnittliche Arbeitnehmer nur träumen können, ist für viele Topmanager normal. Mit der Finanzkrise ist die variable Vergütung aber in Verruf geraten. Das Ergebnis seien Anreize zu riskanten Geschäften, Stabilität werde dem kurzfristigen Erfolgsdenken geopfert, sagen Kritiker.

Als eines ihrer besten Anschauungsobjekte gilt die Deutsche Bank. Das größte deutsche Geldinstitut machte im Vorjahr einen Rekordverlust von 6,8 Milliarden Euro. Für Rechtsstreitigkeiten aufgrund risikoreicher Altlasten mussten in den vergangenen Jahren enorme Rückstellungen gemacht werden. Aktionärsvertreter werfen dem Management regelmäßig vor, dass die Bank seit der Finanzkrise nur vier Milliarden Euro Dividende gezahlt, aber das Sechsfache davon an Mitarbeiterboni gezahlt habe.

Die Bank prüft deshalb schon länger, ob sie Ex-Manager wegen Verletzung ihrer Kontrollpflichten persönlich haftbar machen und Gehaltsteile zurückverlangen kann. Zahlreiche Boni sind eingefroren, bis die Juristen Klarheit darüber haben, wie die Chancen stehen. Die Süddeutsche Zeitung berichtete am Donnerstag, es sei bereits eine Entscheidung gefallen. Demnach sollen von sechs Ex-Vorstandsmitgliedern, darunter die Bankchefs Josef Ackermann, Anshu Jain und Jürgen Fitschen, Bonuszahlungen in Höhe von mehreren Millionen Euro zurückgefordert werden. Andere Quellen sprechen davon, dass die Prüfung nach wie vor laufe. Das aktuelle Bankmanagement ist jedenfalls bemüht, Vergangenheitsbewältigung zu signalisieren.

Ackermann zahlt nicht zurück

Bei den möglichen Rückforderungen geht es sowohl um zukünftige als auch um bereits ausgezahlte Boni. Laut SZ betrifft das im Falle von Jain, der den Konzern von 2012 bis 2015 zusammen mit Fitschen geführt und davor die Investmentsparte geleitet hatte, um einen zweistelligen Millionenbetrag. Der Investmentbereich ist es auch, aus dem viele der umstrittenen Geschäfte stammen, deren Folgen der Bank seit Jahren hohe Kosten bescheren. Jain selbst wurde ein Fehlverhalten jedoch nie nachgewiesen.

Der frühere Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Ackermann, meldete sich am Donnerstagabend von einer Veranstaltung aus Berlin zu Wort. "Es ist überhaupt nicht die Rede davon, Boni zurückzuzahlen", sagte er. Es gehe vielmehr darum, ob jene Teile, die noch nicht ausgezahlt wurden, "freiwillig in der Bank gelassen werden". Es gehe da aber um Themen, die man intern klären müsse, offenbar habe man ihn unter Druck setzen wollen. "Man merkt die Absicht, aber man ist verstimmt", kommentierte er.

Manager sichern sich ab

Das Problem der Nachweisbarkeit macht Gehaltsrückforderungen bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten für Arbeitgeber generell schwierig – auch in Österreich. Das Thema hängt eng mit der Managerhaftung zusammen. Hierzulande haften Geschäftsführer gemäß Aktien- und GmbH-Gesetz bei grob fahrlässig oder gar vorsätzlich verursachten Schäden mit ihrem gesamten Vermögen. Führungskräfte schützen sich dagegen in der Regel mit einer speziellen Haftpflichtversicherung.

Das Zurückfordern von bereits ausbezahlten Boni ist in Österreich nicht üblich. Allerdings sichern sich immer mehr Arbeitgeber ihrerseits in der Vertragsgestaltung mit sogenannten Clawback-Klauseln ab. Darin wird genau festgelegt, unter welchen Voraussetzungen Boni von Arbeitnehmern zurückgefordert werden können. "Damit gibt es eine eindeutige Rechtsgrundlage für Rückforderungen", erklärt Anwältin Katharina Körber-Risak. "Viel leichter" sei aber die Geltendmachung von Schadenersatz.

Dass sich Arbeitgeber Geld von Ex-Managern zurückholen, wenn es zu Strafprozessen gegen selbige kommt, steht auf der Tagesordnung. Ob Bawag, Telekom oder Hypo Alpe Adria: Unternehmen schließen sich Verfahren als Privatbeteiligte an und holen sich im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung Geld zurück.

In den USA ist es hingegen durchaus üblich, dass Banken auch über arbeitsrechtliche Verfahren hohe Summen zurückbekommen. Dort sind die Boni jedoch ungleich höher. In Europa dürfen variable Gehaltsteile für Banker seit 2014 nur noch so hoch sein wie das jährliche Grundgehalt. Nur wenn die Aktionäre zustimmen, können sie ihr Fixgehalt mittels Boni verdreifachen.

Bankenexperte Franz Hahn vom Wirtschaftsforschungsinstitut plädiert im Gespräch mit dem STANDARD für eine gänzliche Abschaffung. Noch immer sorgten Erfolgsbeteiligungen für systemische Risiken im Bankensektor. Effektiver als Obergrenzen für Boni wären laut Hahn aber noch höhere Eigenkapitalvorgaben. Dann würden weniger riskante Geschäfte gemacht und die Bankenchefs stärker den langfristigeren Erfolg im Auge behalten. (Simon Moser, Renate Graber, 18.11.2016)