Fotos: Lisi Specht

Durch seine Kunst und seine Wiener Wohnung zieht sich ein roter Faden: Der Künstler Eduard Lesjak wohnt inmitten von Linienkonstrukten und farbigen Flächen. Das Dreidimensionale, sagt er, ist nur ein Nebenaspekt.

"Ich wohne ziemlich bunt und farbenfroh, aber das war keine bewusste Entscheidung, sondern ist eigentlich ganz aus der Logik heraus entstanden. Ich habe mit ganz kleinen Kunstwerken angefangen, zehn mal zehn Zentimeter, die ich zunächst einmal auf die ganz normale weiße Wand gehängt habe. Irgendwann schien mir das zu langweilig und auch zu schwach für die Bilder. Und so habe ich begonnen, die Wände meiner Wohnung nach und nach einzufärben: grau, blau, rosa, violett und so weiter. Das, was man jetzt sieht, ist das Resultat vieler Jahre.

"Jede Farbe steht für ein bestimmtes Gefühl, für einen Lebensabschnitt von mir. Die Buntheit ist also Resultat vieler Jahre." Eduard Lesjak in seiner Wohnung in Wien-Mariahilf.
Foto: Lisi Specht

In gewisser Weise, könnte man sagen, ist die Wohnung eine Art Passepartout für meine Bilder. Und natürlich auch für mich selbst. Ich arbeitete und experimentiere mit Farben, ununterbrochen, und ich sehe und überprüfe im Selbstversuch, wie es mir und meiner Kunst mit Farbe geht. Ich weiß nicht einmal, ob ich eine Lieblingsfarbe habe. Nein, eigentlich nicht. Eher ist es so, dass jede Farbe für ein Gefühl, eine Phase, einen Lebensabschnitt von mir steht. Wenn ich das Blau oder das Violett betrachte, dann weiß ich ganz genau, wann und in welcher Situation die Farbe entstanden ist. Insofern ist die Wohnung sicherlich auch eine Art dreidimensionale Biografie meines Lebens.

Fotos: Lisi Specht

Die Wohnung befindet sich in der Mariahilfer Straße im sechsten Bezirk und hat knapp 65 Quadratmeter. Gefunden habe ich sie über eine Freundin. Die Wohnung ist sehr introvertiert, weil alle Fenster auf einen kleinen, grauen Innenhof hinausgehen. Unter mir befindet sich ein Modegeschäft, sodass ich direkt auf das Blechdach hinausschaue. Der Ausblick in dieses stille Nichts beruhigt mich. Das einzig Unstille in diesem Innenhof ist die alte Studenten-WG genau vis-à-vis. Ich schaue der WG in den Kochtopf rein. Zugleich präsentiere ich mich beim Wohnen und Malen. Und so bekommt das eigentlich Introvertierte auf einen Schlag einen ziemlich extrovertierten Charakter.

Fotos: Lisi Specht

Wenn ich Besuch von meiner Freundin, von meinen Kindern, von Freunden oder von Kunden und Auftraggeberinnen habe, dann ist die Wohnung ein Gesellschaftsraum. Wenn ich allerdings mitten in der Kunst bin, dann habe ich es gern, ganz auf mich selbst gestellt zu sein, dann mutiert die Wohnung zu einer Rückzugshöhle. Die längste Begleitung vom ersten Tag an, die ich beim künstlerischen Schaffen habe, ist Merri. Merri heißt eigentlich Merritt und ist eine 30 Jahre alte Nähmaschine. Merri ist sehr robust. Sie ist mir schon ein paar Mal runtergefallen, hält aber immer noch.

Fotos: Lisi Specht

Ich arbeite gern mit Stoff und Faden, und auch in meinem Wohnen ist vieles, wie ich es empfinde, irgendwie linear. Wenn ich in einen Raum hineinblicke, dann sehe ich die Wände und Möbel meist als Linienkonstrukt. Die Linie ist vorherrschend. Zur Fläche habe ich einen mittelmäßigen Bezug. Meist sind die Flächen monochrom. Das ist auf den Bildern nicht anders als im Wohnzimmer. Das Dreidimensionale ist für mich eher ein Zusatzaspekt. Manchmal habe ich überhaupt das Gefühl, dass in meiner Welt ein oder zwei Dimensionen völlig ausreichend sind.

Wohnen in Wien ist einfach eine ziemlich teure Sache geworden. Mehr als eine kleine Wohnung geht sich da nicht aus. Umso wichtiger ist mir dann ein gutes soziales Netzwerk mit meinen Nachbarn, mit meinen Freunden, mit meiner unmittelbaren Umgebung.

Und ich kann sagen: Es gibt echt liebe Leute hier im Haus. Was die Zukunft betrifft, hätte ich eines Tages gerne ein Wohnatelier mit Aussicht und Morgensonne. Ich träume von einem Zimmer mit Blick auf den Wienfluss. Und davon, mich auf den Balkon zu setzen und im Freien essen zu können." (21.11.2016)