Mit Rücktrittsaufforderungen ist der Wiener Bürgermeister Michael Häupl immer wieder konfrontiert gewesen – aber nicht aus seiner eigenen Partei. Deshalb ist es mehr als ein Affront, wenn jetzt offen in der Wiener SPÖ sein Rücktritt gefordert wird. Der ehemalige Landesparteisekretär Christian Deutsch findet sogar, es sei "die Verantwortung des Bürgermeisters, hier auch dieses Thema anzusprechen: Wie kann eine Nachfolge aussehen?"

Auch wenn sich Häupl bemühte, in seiner bekannt bärbeißigen Art dieses Thema abzuwürgen, so wird er am Montag im Parteivorstand eine Personaldebatte nicht verhindern können. Es sind nicht nur Faymann-Vertraute wie Deutsch, die vom Langzeitbürgermeister enttäuscht sind. Es ist ein Konflikt Rechts gegen Links. Der Druck kommt aus jenen Teilen der Wiener SPÖ, die in der FPÖ durchaus einen möglichen Partner sehen – was Häupl vollständig ablehnt. Wenn nun Sonja Wehsely als Hauptvertreterin des linken Flügels angegriffen wird, dann ist auch Häupl gemeint.

Häupls Macht nicht mehr unumstritten

Nicht nur in Wien ist Häupls Machtposition nicht mehr unumstritten, sein Einfluss hat auch auf Bundesebene gelitten. Er war zwar an Werner Faymanns Ablöse beteiligt, seinen Wunschkandidaten Gerhard Zeiler hat er gegen Christian Kern nicht durchsetzen können. Nicht nur in der SPÖ fragen sich viele: Wie viel Macht hat Häupl noch? Oder: Wann geht er?

Diese Frage wird auch in der ÖVP gestellt – bezogen auf Erwin Pröll. Der niederösterreichische Landeshauptmann hat in einer Hauruckaktion im April Innenministerin Johanna Mikl-Leitner heim nach Niederösterreich geholt und dafür Wolfgang Sobotka in die Wüste – sprich: nach Wien – geschickt. Pröll schwächte so zwei Wochen vor der Bundespräsidentenwahl den ÖVP-Kandidaten Andreas Khol. Der von Pröll vorgeführte ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner tröstete sich damit, dass die überraschende Rochade und Installierung der Kronprinzessin zum Abgang des Landeskaisers führen würde – der 70er am 24. Dezember wäre der geeignete Anlass.

Aus dem Geschenk für Mitterlehner dürfte nichts werden, wie aus Niederösterreich verlautete. Denn Pröll trägt sich mit dem Gedanken weiterzumachen.

In Oberösterreich klammert sich Josef Pühringer an seinen Landeshauptmannsessel. Schon vor der Wahl im Vorjahr war klar, dass er nicht bis zum Ende der Legislaturperiode bleiben würde. Sein Rückzug in Etappen führte zu Grabenkämpfen in der Landes-ÖVP. Den Streit um seine Nachfolge zwischen seinem Vize Thomas Stelzer und Wirtschaftslandesrat Michael Strugl musste er schlichten. Die Bezeichnung "lame duck" lässt ihm die Zornesröte ins Gesicht steigen.

Richtiger Zeitpunkt gesucht

Die Frage, wann der richtige Zeitpunkt zum Aufhören sei, treibt nicht nur Politiker um, die meinen, ohne sie gehe es nicht. Den Bedeutungsverlust hat Häupl so beschrieben: "Wenn ich sage, dass ich nicht mehr antrete, bringt mir der Amtsdiener nicht einmal mehr einen Kaffee." Ex-Bundespräsident Heinz Fischer erzählte, er müsse wieder Auto fahren lernen.

Pröll ist seit 24, Häupl seit 22 und Pühringer seit 21 Jahren im Amt. Mit 69 beziehungsweise 67 Jahren sind sie in einem Alter, in dem die meisten Österreicherinnen und Österreicher schon in Pension sind. Wer sich in der Politik fragen lassen muss, wie die Nachfolge aussieht, hat den richtigen Zeitpunkt für seinen selbstbestimmten Abgang verpasst. (Alexandra Föderl-Schmid, 18.11.2016)