Die künstliche Darstellung eines methylierten DNA-Moleküls: Wissenschafter haben nun nachgezeichnet, wie aus den Stammzellen Blutzellen werden.

Foto: CeMM

Wien – Vor mittlerweile 15 Jahren wurde das menschliche Genom sequenziert, seit damals kennt man also die Bauteile einer Zelle. Trotzdem blieb es ein Rätsel, wie sich aus einer befruchteten Eizelle die enorme Vielfalt unterschiedlicher Körperzellen entwickelt, obwohl die genetische Information dieselbe ist. Welche Bausteine werden in welchen Zellen aktiviert, um zum Beispiel weiße Blutkörperchen oder Herzzellen zu entwickeln? Seit 2011 arbeitet eine internationale Forschergruppe im International Human Epigenome Consortium, um Antworten auf derlei Fragen zu finden.

Insgesamt haben die Forscher mehr als 2100 Epigenome kartiert und in 41 Publikationen vorgestellt. Drei dieser Arbeiten kommen aus Österreich und wurden von Christoph Bock am Research Center for Molecular Medicine (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) koordiniert. Sie sind Teil des EU-Projekts Blueprint.

Jeden Tag erzeugt der menschliche Körper Milliarden neuer Blutzellen, ausgehend von einigen Tausend Stammzellen, die an der Spitze einer komplizierten Hierarchie von blutbildenden Zellen stehen. Mit neuesten Sequenzierungsmethoden ist es nun gelungen, die epigenetischen Regieanweisungen – sogenannte DNA-Methylierungsmuster – in diesen Stammzellen und den daraus abgeleiteten Zellen des Blutes zu analysieren.

Am besten darstellen ließen sich diese Entwicklungswege als Flüsse, deren Lauf sich danach richtet, wo das Wasser am leichtesten in Richtung Tal fließen kann. Den höchsten Berg bilden die Stammzellen, die sich potenziell in alle Zelltypen ausdifferenzieren können – denen also der Weg in alle möglichen Täler noch offensteht. Von dort ausgehend wird die epigenetische Topografie immer vielfältiger. Christoph Bock dazu: "Man kann das am besten wie eine hügelige Landschaft visualisieren, in deren Zentrum ein großer Berg steht, von dem aus sich Flüsse in alle Richtungen bilden, die dann verschiedene Täler füllen."

Diese im Magazin Cell Stem Cell publizierte Studie wurde durch die internationale Vernetzung der europäischen Wissenschaft ermöglicht: Aus dem Blut freiwilliger Spender in Großbritannien wurden durch das Team von Mattia Frontini an der University of Cambridge die verschiedenen Zelltypen extrahiert und eingefroren nach Wien geschickt. Hier führte das CeMM die epigenetischen Analysen durch, bevor die Daten gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Informatik in Deutschland ausgewertet wurden. (red, APA, 19.11.2016)