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Ex-Premier François Fillon muss nun in die Stichwahl gegen Ex-Premier Alain Juppé.

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Neo-Politpensionär Sarkozy sagte "Au revoir".

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Der "Unscheinbare", wie Ex-Premier François Fillon von Pariser Medien genannt wird, hat den ersten Durchgang der von den Républicains organisierten Primärwahl zweifellos für sich entschieden: Nach Auszählung von mehr als der Hälfte der gut vier Millionen Wählerstimmen lag er mit 43,9 Prozent vorne, wie die Partei mitteilte. In der Stichwahl in einer Woche wird Fillon gegen den anderen Ex-Premier, Alain Juppé (27,9 Prozent), antreten.

Nicolas Sarkozy scheidet als Drittplatzierter mit 21,4 Prozent der Stimmen aus. Das ist eine schwere Wahlschlappe für den Ex-Präsidenten, der schon 2012 den Präsidentschaftswahlkampf gegen den nachmaligen Staatschef François Hollande verloren hatte. Sich als guter Verlierer erweisend, rief er zur Wahl Fillons auf. Die gleiche Stimmempfehlung gab der Viertplatzierte Bruno Le Maire ab.

Sarkozy verabschiedete sich kurz darauf mit einem "Au revoir an alle" von der politischen Bühne – zum zweiten Mal, nachdem er sich schon zwischen seiner Wahlniederlage 2012 und 2014 zurückgezogen hatte.

Vorentscheidend

Die interne Vorwahl gilt als vorentscheidend für die französischen Präsidentschaftswahlen von 2017: Wer immer der Spitzenkandidat der Républicains wird – er hat laut allen Demoskopen die besten Chancen, im kommenden Mai für fünf Jahre in den Élysée-Palast einzuziehen. In allen Umfragen liegen die Konservativen deutlich vor der Rechtsextremistin Marine Le Pen oder einzelnen Linkskandidaten.

Der Wahlsieg Fillons, der als Premier von 2007 bis 2012 ganz im Schatten Sarkozys gestanden hatte, ist eine gewaltige Überraschung. Bis vor einer Woche lag der unauffällige Gaullist in den Meinungsumfragen noch klar hinter den beiden unangefochtenen Spitzenreitern Juppé und Sarkozy. Deren Duell dominierte das politische Leben Frankreichs seit Monaten. Erst vor Wochenfrist bewegten sich Fillons Umfragewerte steil nach oben; am Freitag überholte er erstmals seine Widersacher.

Besonnenes Auftreten

Zwei Gründe erklären Fillons Sprintsieg auf den letzten Metern. In den drei TV-Debatten der sieben konservativen Kandidaten schnitt er mit seinem besonnenen Auftreten und einem klassischen Rechtskurs nach verbreiteter Ansicht am besten ab. Dazu kommt zweifellos ein gewisser "Trump-Effekt". Viele französische Konservative schenkten Fillon die Stimme, weil dieser den stärksten Bruch mit dem bisherigen System verspricht: resolute Begrenzung der Immigration, massiver Abbau des Staatsapparats, tausende neuer Gefängnisplätze, dazu das Ende der 35-Stunden-Woche. Ein Populist ist Fillon jedoch mitnichten; mit seinem fast schon britischen Phlegma und dem gepflegten Auftreten nimmt er sich wie das pure Gegenteil des neuen US-Präsidenten aus.

Der politisch gemäßigte Juppé verdankt seinen Platz in der Stichwahl nicht zuletzt Mitte- und Linkswählern. Nach ersten Erkenntnissen von Demoskopen nahmen an der "Urwahl der Rechten und des Zentrums", wie sie offiziell heißt, 15 Prozent Linkswähler teil. Ihnen ging es vor allem darum, Sarkozy zu verhindern.

Da Fillon und Juppé einen ähnlichen Stil pflegen, wird sich das Rennen in einer Woche vor allem aufgrund ihrer politischen Programme entscheiden – rechter für Fillon, konsensueller für Juppé. Letzterer hat nun das Handicap, allzu lange als uneinholbarer Favorit und Medienliebling gegolten zu haben; Fillon hat eher die Gunst des Moments auf seiner Seite.

Den Ausschlag könnten in einer Woche paradoxerweise erneut die Linkswähler geben: Wenn sie wieder massiv an die Wahlurnen gehen, um diesmal Fillon ein Bein zu stellen, hat Juppé durchaus eine Chance, Spitzenkandidat der Rechten zu werden. Fillon war bisher für die Linke kein Schreckgespenst gewesen; vielmehr scheint er ähnlich wie Juppé in der Lage, Le Pen zu verhindern. Sein stramm rechtes Programm schreckt aber viele Mitte- und Linkswähler ab. Juppé muss deshalb alles daran setzen, diese zu mobilisieren. Dafür hat er nur eine Woche Zeit: Das Finale der republikanischen Primärwahl findet am 27. November statt. Für die Teilnahme an der Vorwahl der Republicains muss man zwei Euro pro Urnengang zahlen und eine Charte mit dem "Werten" der Konservativen und der Mitte unterschreiben. (Stefan Brändle, 20.11.2016)