Bild nicht mehr verfügbar.

Gläubige der katholischen Untergrundgemeinschaft in China feiern Weihnachten.

Foto: Reuters/Kyung-Hoon

Papst Franziskus verriet vor kurzem auf einer Rückfahrt von einer seiner Reisen nach Rom Reportern, wohin er gerne als Nächstes fahren möchte: nach Peking. Sein Verhältnis zu China sei "gut". Die Gespräche zur Normalisierung ihrer seit 1951 abgebrochenen Beziehungen machten "langsam" Fortschritte. Gerade habe er auch ein "Geschenk" von Staatspräsident Xi Jinping erhalten.

Ende August hatte eine chinesische Delegation dem Papst eine auf Seide gezogene Steinabreibung mitgebracht. Sie stammte aus Xian von einer uralten Stele aus dem Jahr 781. Die Inschrift auf dem Gedenkstein gilt als frühestes Zeugnis des Christentums in China. Sie dokumentiert die Mission der Nestorianer, die über die Seidenstraße aus Persien nach China gelangten.

Der in Peking lebende Vatikanexperte und Journalist Francesco Sisci versteht die Steinabreibung als Botschaft: Xi sehe im Christentum nicht mehr nur eine seinem Land von imperialistischen Mächten aufgezwungene Religion. "Es ist auch Teil der chinesischen Kultur seit der Tang-Dynastie."

Keine Angst vor China

Das Geschenk sei eine positive Reaktion auf die Goodwill-Geste des Papstes vom Frühjahr. Der Vatikan ließ Sisci für ein exklusives Interview nach Rom kommen. Papst Franziskus lobt darin die Volksrepublik und rät der Welt, ihren Aufstieg nicht zu fürchten. Er suche den Dialog mit Chinas "großartiger Kultur". Kurz nach dem Interview setzten beide Seiten im April eine Kommission ein, um über ihre Normalisierung zu verhandeln.

Sieben Monate später sei ein Durchbruch erkennbar, sagte Sisci. China sei erstmals bereit, die religiöse Autorität des Papstes über die katholische Kirche anzuerkennen, so wie es die gesamte Welt tut. Doch für Peking sei das ein neues, wichtiges Zugeständnis. Denn die Volksrepublik hatte immer ihre eigene, nationale chinesische Kirche gründen wollen. Sie brach 1951 alle Beziehungen zum Vatikan ab. Ihre religionsfeindliche Politik spaltete die heute knapp zwölf Millionen Katholiken in China in eine gegängelte staatstreue Kirche und in eine romtreue, sogenannte Untergrundgemeinschaft, deren Aktivisten und Bischöfe brutal verfolgt wurden.

Innerkirchliche Proteste

Beide Seiten haben nun die Chance, pragmatische Lösungen für heikle Probleme zu finden, wie beispielsweise künftige Neubesetzungen von Bischöfen, die Privileg des Papstes sind, oder eine kirchliche Vertretung des Vatikans in China, ohne dass dieser die staatliche Frage der diplomatischen Beziehungen zu Taiwan sofort lösen müsste. Der Papst könnte als Religionsführer endlich China besuchen. Wie eilig es ihm ist, sagte er August 2014. Da überflog er auf seiner Reise nach Südkorea mit Pekinger Erlaubnis hoheitlichen chinesischen Luftraum. Gefragt, ob er das Land unter ihm besuchen wolle, sagte er: "Schon morgen, wenn ich es dürfte."

Doch die Meldungen über ein baldiges Abkommen entzündeten innerkirchliche Proteste gegen Rom. Der dem Vatikan nahestehende Infodienst "Asianews" meldete "weitverbeitete Verzweiflung und Verbitterung" unter Gläubigen in den Untergrundkirchen. Kardinal Joseph Zen, emeritierter Bischof von Hongkong und vehementer China-Kritiker, warnte den Papst vor dem Fehler, mit Peking ein Abkommen zu schließen, dass "die Kirche zerstören" könnte.

Zen befürchtet, dass Papst Franziskus aus seinen Erfahrungen in Argentinien, wo Kommunisten am Widerstand gegen das Unterdrückungsregime teilnahmen, falsche Schlüsse im Umgang mit China zieht. "Der Heilige Vater kennt nur verfolgte Kommunisten, aber keine kommunistischen Verfolger."

Seidenstraßen-Offensive als Motiv

Auch in Peking stößt die neue Aussöhnung auf Widerstand. Die atheistische Partei wertet Religionen grundsätzlich als Gefahr für ihre Mitglieder und für den sozialistischen Staat. Im Juli entfachten Ideologen eine Kampagne in den Parteizeitungen, nur "unabhängige und sinisierte Kirchen" zu erlauben und der "Kontrolle oder Unterordnung ausländischer Religionen" zu widerstehen. Es waren Anspielungen, die auch auf eine Kooperation mit dem Vatikan zielten.

Dennoch scheint Staatschef Xi auf die Aussöhnung mit Papst Franziskus zu setzen. Eine neue, umfangreiche Studie der Akademie für Sozialwissenschaften nennt eine aktive, offene Religionspolitik als Vorbedingung für den Erfolg des von Xi gestarteten Lieblingsprojekts der Seidenstraßen-Offensive nach Zentralasien und Europa. Sie fordern in ihren Detailanalysen über die historische Seidenstraße, die auch der "Weg der Religionen nach China" war, Peking zum konstruktiven Umgang mit den Religionen auf, um deren Vertrauen zu gewinnen.

Mit einer passiven, misstrauischen Politik habe sich Peking international isoliert. Es müsse den Religionen als "patriotische Kraft" vertrauen und sie für China gewinnen. Die komplizierte Aussöhnung mit dem Papst zu bewältigen ist der Anfang dazu. (Johnny Erling aus Peking, 21.11.2016)