Der linke Flügel rund um Sonja Wehsely:

Stadträtin Sonja Wehsely wird schon lang nachgesagt, nach dem höchsten Amt im Wiener Rathaus zu streben. Bürgermeister Michael Häupl öffentlich zum Rücktritt aufzufordern würde die für Gesundheit und Soziales zuständige Ressortchefin aber nicht wagen. Sie bekennt sich zum linken Flügel der Partei, der sich seit der Flüchtlingskrise auch als "Team Haltung", das sich für eine Willkommenskultur und gegen Verschärfungen im Asylgesetz starkmachte, gegenüber dem eher rechts angesiedelten "Team Spaltung" betrachtet.

Auf derselben Seite stehen unter anderem auch Finanzstadträtin Renate Brauner, die als Wehselys Mentorin gilt, und Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger. Gegen diese drei richtet sich gezielt Kritik von Vertrauten von Exbundeskanzler Faymann und von Bezirkspolitikern der Flächenbezirke. Andreas Schieder, Klubvorsitzender im Parlament und Wehselys Mann, betonte vor der Parteivorstandssitzung, dass er zu all dem keinen Kommentar abgebe, da das "unser Stil" sei.

Zu dieser Seite der Partei werden im Allgemeinen auch Bezirksfunktionäre der innerhalb des Gürtels liegenden Bezirke gezählt, darunter zum Beispiel Markus Rumelhart, der Bezirksvorsteher von Wien-Mariahilf. Angeblich soll sich dieser Flügel in Vorbereitung auf die Vorstandssitzung damit befasst haben, wie ein möglicher Antrag auf Vorverlegung des für Jänner geplanten Parteitags über die Geschäftsordnung blockiert werden könnte. Gegen Kritiker wurde am Wochenende gezielt per Mail Stimmung gemacht.

Wehselys Person ist der meisten Kritik der Gegenseite ausgesetzt. In ihr Ressort fallen denn auch einige heiße Eisen: der Kostenanstieg beim Krankenhaus Nord, der Streit mit den Spitalsärzten um Dienstzeiten und der finanzielle Mehrbedarf für die Mindestsicherung – hohe Ausgaben dafür werden Wien auch von anderen Bundesländern angekreidet.

Die Sektion 8, sonst nie um Kritik an SPÖ-Funktionären verlegen, verhält sich in der aktuellen Situation auffallend still.

Sonja Wehsely steht besonders in der Kritik wegen "heißer Eisen" ihres Ressorts.
Foto: APA/Helmut Fohringer

Der Flügel um Faymann-Vertraute:

Exlandesparteisekretär Christian Deutsch ging es am Montag plötzlich weniger um Personalien als um "eine inhaltliche Debatte". In den Tagen zuvor hatte Deutsch Bürgermeister und Landesparteichef Michael Häupl aufgefordert, die Amtsübergabe zu regeln, 22 Jahre seien genug. Direkt vor der Sitzung gab sich der Kritiker, der gar nicht im Parteivorstand sitzt, zahmer.

Seine Linie soll von bis zu elf Mitgliedern des Parteivorstands getragen werden. Deutsch ist ein Intimus von Exbundeskanzler (sowie Exwohnbaustadtrat) Werner Faymann – dessen Demontage mehrere Personen in der Wiener SPÖ noch nicht verziehen haben sollen. Der prominenteste Name, der im Zusammenhang damit genannt wird, ist jener von Nationalratspräsidentin Doris Bures, die mit dem Bürgermeisteramt liebäugeln soll. Ihr zur Seite steht Gerhard Schmid, den Faymann zum SPÖ-Bundesgeschäftsführer gemacht hatte. Das Ziel, Stadtchef zu werden, wird auch Wohnbaustadtrat Michael Ludwig zugeschrieben. Das Wehsely-Lager soll am Wochenende versucht haben, dagegen mit der Streuung eines Gerüchts als einer Art Schreckgespenst Stimmung zu machen: dass mit Ludwig dann der Weg für Rot-Blau geebnet sei.

Hinzu kommen Bezirksfunktionäre von Flächenbezirken, die den Kurs des linken Flügels bei Mindestsicherung und Flüchtlingspolitik problematisch sehen. Dazu zählt der Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy sowie mehrere Bezirksparteichefs: Ruth Becher (Donaustadt), Barbara Novak (Döbling) sowie Kathrin Gaal (Favoriten) und Harald Troch (Simmering).

Eine in der Partei kursierende E-Mail unbekannten Absenders sollte am Wochenende die Stimmung weiter anheizen – Fotos von Kanzler Christian Kern und Wehsely beim Besuch der Caritas-Obdachloseneinrichtung Gruft wurden darin kommentiert mit den Worten: "Das sorgt auch in anderen Bezirken für Empörung! Die Wehsely & der Kern in der Gruft beim Armutschaun – diese abgehobene Partie gehört weg! Montag ist Kampftag!" (spri, 21.11.2016)

Christian Deutsch würde die Zeit für Nachfolgeregelung Häupls gekommen sehen.
Foto: Christian Fischer