Dieser Tage sagte mir ein Bekannter, der ein Alt-Wiener Familienunternehmen in fünfter Generation leitet, er wolle Norbert Hofer wählen, weil: "Es muss sich was ändern." Und Alexander Van der Bellen sei "ein Kommunist".

Zuvor hatte mich ein Aufruf von namhaften bürgerlichen Persönlichkeiten, darunter etliche ehemalige ÖVP-Politiker, erreicht. Man möge VdB wählen, Hofer spekuliere mit dem Öxit und versuche "die blaue Kornblume hinter dem Kreuz zu verstecken". Mitorganisator der Initiative ist ebenfalls ein Unternehmer mit einem traditionsreichen altösterreichischen Namen. Sein Vorfahr diente bereits Maria Theresia.

Die im weitesten Sinn bürgerlichen Stimmen werden wohl den Ausschlag geben. Viele haben ein ungutes Gefühl beim deutschnationalen Populisten Hofer, können sich aber nicht – oder nur schwer – für den "linken" Van der Bellen erwärmen.

Vielleicht soll man aber so an die Entscheidung am 4. Dezember herangehen: Diese Wahl ist eine Richtungswahl. Es geht wirklich um etwas. Der Ausgang dieser Wahl ist von Bedeutung für Österreichs weiteren Weg.

Wenn VdB gewinnt, sind diejenigen, die Österreich ganz nach rechts drängen wollen, zunächst einmal gebremst.

Ohnehin nicht endgültig. Aber wenn Norbert Gerwald Hofer gewinnt, geht dieser Rutsch nach rechts ungebremst weiter. Der Plan, Österreich in ein autoritäres, antieuropäisches, intolerantes System umzubauen, macht einen Riesenschritt nach vorn.

Norbert Hofer tritt als freundlicher, ruhiger Konservativer auf. Aber man muss verstehen: Dahinter ist er ein klassischer Deutschnationaler, mit schlagender Burschenschaft, dem Symbol der Kornblume, dem schwarz-rot-goldenen Band beim rechten "Akademikerball".

Der Deutschnationalismus war historisch gescheitert, bis er neuerdings ein Bündnis mit dem Rechtspopulismus einging und plötzlich einen neuen Schwung bekam. Mit jenem Rechtspopulismus, der in halb Europa und jetzt auch in den USA Erfolge erzielt. Der bekannteste Wirtschaftsforscher Österreichs, der bürgerliche Karl Aiginger, schreibt: "Orbán, Kaczynski, (Václav) Klaus, Le Pen – und alle in Österreich, die mit ihnen den Schulterschluss suchen – sind Wegbereiter einer falschen, gefährlichen Entwicklung".

Die Ziele dieser rechtspopulistischen Internationale sind klar: Abbau der liberalen Demokratie, Umbau des Staates zu einem autoritären System. Die Zusammenlegung von Bundespräsident und Bundeskanzler, die Hofer, Strache & Co propagieren, würde dem dienen. Alle Errungenschaften der liberalen Demokratie, wie Frauenrechte, Minderheitenschutz, Freiheit von Medien und Opposition etc., würden ausgehöhlt und abgeschafft. Die Untergriffe, deren sich die FPÖ und Hofer immer wieder bedienen, geben einen Vorgeschmack, was Gegner dann zu erwarten hätten.

Das würde manchen vielleicht anfangs gefallen – "mehr Ordnung", "weniger Zuwanderung". Aber es würde, wie alle autoritären Systeme in Österreich und Europa bisher, in einer wirtschaftlichen und politischen Katastrophe enden. Hofer die Wahl zu verwehren bedeutet noch lange nicht, dass die autoritäre Gefahr schon gebannt, oder auch, dass Österreich nicht dringend reformiert werden müsste. Aber jetzt stehen wir nun einmal vor dieser Wahl, und sie ist eine Richtungsentscheidung wie schon lange keine. (Hans Rauscher, 22.11.2016)