Die Forscher trainierten die Hunde darauf, menschliche Aktionen nachzuahmen. Wenn der Mensch also an einen Schirm tippt, macht das der Hund nach dem Kommando ebenfalls. Die Experimente zeigten in weiterer Folge, dass sich Hunde auch an nebensächliche Dinge erinnern können.

Foto: Mirko Lui

Budapest – Die Gedächtnisleistung von Hunden wurde offenbar weit unterschätzt. Bisher gingen Forscher davon aus, dass sich nur Menschen und Menschenaffen Ereignisse merken, die zum Zeitpunkt ihres Geschehens gar keine Bedeutung für sie hatten. Diese erstaunliche Fähigkeit, die auch als episodisches Gedächtnis bezeichnet wird, haben ungarische Wissenschafter nun auch beim Haushunden beobachtet.

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Dabei ist es nicht einfach, ein episodisches Gedächtnis bei Tieren nachzuweisen, da man nicht nachfragen kann, an was sich das Tier erinnert. Daher griff das Team um die Verhaltensforscherin Claudia Fugazza von der MTA-ELTE Comparative Ethology Research Group in Budapest auf den "Mach's mir nach"-Trick zurück: Darauf trainierte Hunde beobachten, was ein Mensch tut, und ahmen diese Aktion nach.

Die Beherrschung dieses Tricks ist allerdings noch kein Beleg für ein episodisches Gedächtnis. Die Forscher mussten vielmehr beweisen, dass die Hunde sich daran erinnern, was ein Mensch gerade gemacht hat, selbst wenn sie nicht damit rechnen, die Aktion zu wiederholen. Dafür brachten sie 17 Hunden zunächst den "Mach's mir nach"-Trick bei. Im Anschluss wurden die Hunde jedoch darauf trainiert, sich nach jeder menschlichen Aktion hinzulegen – egal, wie diese aussah.

Verblassende Erinnerung

Nachdem die Hunde verlässlich gelernt hatten, sich hinzulegen, überraschten die Wissenschafter sie, indem sie wieder das "Mach's mir nach"-Kommando gaben – und die Hunde imitierten die Aktion. Sie erinnerten sich also, was sie beim Menschen gesehen hatten, obwohl sie nicht wissen konnten, dass das nötig werden würde. Für die Verhaltensforscher zeigt das eine Art episodisches Gedächtnis. Dabei erfolgte der Test sowohl nach einer Minute als auch nach einer Stunde: Die Hunde konnten sich in beiden Fällen an die beobachteten Aktionen erinnern, wobei die Erinnerung allerdings mit der Zeit verblasste, wie die Wissenschafter im Fachblatt "Current Biology" berichteten.

"Hunde gehören zu den wenigen Arten, die Menschen als 'klug' ansehen, und doch sind wir immer noch überrascht, wenn eine Studie enthüllt, dass Hunde und ihre Besitzer trotz der fernen evolutionäre Verwandtschaft einige geistigen Fähigkeiten teilen können", betonte Verhaltensforscherin Fugazza in einer mit der Studie veröffentlichten Mitteilung. Tatsächlich haben jüngere Untersuchungen ergeben, dass Hunde über einige erstaunliche kognitive Fähigkeiten verfügen – gerade in ihrer Beziehung zum Menschen.

Ähnliche Sprachwahrnehmung

So wies etwa eine Studie der University of Sussex nach, dass die Vierbeiner Sprache ähnlich wahrnehmen wie ihre Besitzer und dabei ebenso verschiedene Sprachbestandteile in unterschiedlichen Hirnhälften verarbeiten. Eine Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien legt nahe, dass Hunde sogar menschliche Gesichtsausdrücke unterscheiden können und das nicht nur bei Herrl oder Frauerl, sondern selbst bei Wildfremden.

Die Autoren der aktuellen Studie glauben nun, dass ihr Untersuchungsdesign auf eine ganze Reihe anderer Tierarten zu übertragen ist, um besser zu verstehen, wie der Verstand von Tieren die eigenen Aktionen und die von anderen um sie herum verarbeitet. So sei das "Mach's mir nach"-Programm alleine beispielsweise bereits erfolgreich mit Delfinen (Tursiops truncatus), Papageien (Psittaci-Arten) und Schwertwalen (Orcinus orca) erprobt worden.

"Aus einer breiten evolutionären Perspektive deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass das episodische Gedächtnis nicht auf Primaten beschränkt ist, sondern eine weitverbreitete Fähigkeit im Tierreich sein könnte", erklärt Claudia Fugazza. (APA, red, 25.11.2016)