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Wien – Jährlich erhalten in Österreich 4.500 Menschen die Diagnose Lungenkrebs. Pro Jahr sterben 3.800 Personen an der Erkrankung. Bei einzelnen Patientengruppen lässt sich mittlerweile eine relativ lange Überlebenszeit erreichen, betonten Mittwochabend Wiener Experten vom Comprehensive Cancer Center derMedUni Wien bei einem Hintergrundgespräch.

Insgesamt sieht die Situation weiterhin schlecht aus. Nur rund 20 Prozent der Lungenkarzinomerkrankungen werden derzeit in einem frühen, heilbaren Stadium diagnostiziert. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate ist zwar in der Gesamtstatistik nach wie vor gering, es gibt trotzdem deutliche Fortschritte, wie Walter Klepetko, Leiter der Klinischen Abteilung für Thoraxchirurgie von MedUni Wien und AKH, sagte: "Früher war die Chirurgie den Stadien I und II von Lungenkrebs vorbehalten. In den fortgeschritteneren Stadien III und IV gab es Strahlen- und Chemotherapie. Heute schaut der Therapieablauf ganz anders aus."

Neue Therapieoptionen

In den Frühstadien wird bei Entfernung von betroffenen Lungenlappen möglichst wenig invasiv mit heilendem Anspruch operiert. Gleichzeitig haben sich Operationsmöglichkeiten auch in den späteren Stadien der Erkrankung aufgetan. Chemo- oder zielgerichtete medikamentöse Therapie vor oder nach der Operation, Strahlentherapie davor oder danach etc. sind die Optionen je nach Einzelfall.

Auch wenn zum Beispiel bereits eine einzelne Metastase eines Lungenkarzinoms – zum Beispiel im Gehirn oder in der Nebennieren – vorliegt, kann noch eine heilende Therapie ins Auge gefasst werden: Beseitigung der Metastase zum Beispiel durch Strahlentherapie (Gamma Knife etc.) oder Chemotherapie und dann Operation bzw. in abgewandelten Formen. "Da haben wir Patienten, die fünf Jahre lang mit einer solchen Erkrankung überleben." Beim fortgeschrittenen mehrfach metastasierten Lungenkarzinom betrug die durchschnittliche Überlebenswahrscheinlichkeit in den meisten Fällen höchstens ein Jahr.

Kampf gegen Resistenzen

Die medikamentöse Behandlung ist durch zwei Entwicklungen charakterisiert. Insgesamt liegen bei maximal 25 Prozent der Patienten Tumoren vor, welche spezifische Merkmale aufweisen, die auch mit spezifisch wirksamen Medikamenten ("zielgerichtete Therapie") behandelt werden können. Der größte Anteil sind dabei die sogenannten Tyrosinkinase-Hemmer, die deutlich weniger Nebenwirkungen als die klassischen Chemotherapeutika haben und bei Personen, deren Tumoren eine Mutation im EGFR-Rezeptor aufweisen, zu 60 Prozent wirken und das Fortschreiten der Erkrankung gut ein Jahr hinausschieben. Dann treten allerdings Resistenzen auf.

Nun gibt es aber solche Medikamente der zweiten und der dritten Generation, die wiederum bei Resistenzen auf die Ersttherapien eingesetzt werden. Das verlängert die Zeit, in der eine Lungenkrebskrankheit unter Kontrolle gehalten werden kann.

"Eine ganz andere Möglichkeit hat sich mit den neuen Immuntherapeutika aufgetan. Für Patienten, bei denen der Tumor eine hohe Zahl an PD-L1-Oberflächenstrukturen aufweist, ist das von großem Vorteil", sagte CCC-Koordinator Christoph Zielinski. Aber auch Kranke mit weniger guten Voraussetzungen für eine solche Behandlung sprechen an. "Ich bin überzeugt, dass PD-L1 nicht der optimale Tumormarker (der für oder gegen den Einsatz dieser Therapeutika spricht; Anm.) ist". Mit Anti-PD-L1 Antikörpern wie Nivolumab etc., welche die Tumor-eigenen Bremsen (PD-L1, CTL-A4) für den Angriff der Immunzellen lösen und das Abwehrsystem der Betroffenen wieder "scharf machen", konnte bei Patienten mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom die Überlebenswahrscheinlichkeit nach einem Jahr von 24 auf 42 Prozent und nach zwei Jahren von acht auf 23 Prozent gehoben werden. (APA, 24.11.2016)