Sieht sich vereinsinterner Kritik ausgesetzt: Jerome Boateng.

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München – Die Reise in das ferne Rostow hatte sich Uli Hoeneß erspart. Er wolle sich, so war zu hören, auf Freitagabend vorbereiten, wenn er von den Mitgliedern des FC Bayern München e.V. erneut zum Präsidenten gewählt wird. Dem alten und neuen starken Mann wird allerdings kaum entgangen sein, dass und vor allem wie sich die Mannschaft am Mittwochabend im zum Zähneklappern kalten Russland blamierte.

Hoeneß ist nicht bekannt dafür, dass er in schwierigen Zeiten zusätzlich draufhaut – ähnlich hielt es zunächst Karl-Heinz Rummenigge nach dem ziemlich peinlichen 2:3 (1:1) bei FK Rostow. "Es nutzt nichts, da heute groß Zirkus zu machen", sagte er vor der abendlichen Rückreise von den Ufern des Don bei Sky. Nicht zu übersehen war aber die innere Unruhe des Vorstandsvorsitzenden. "Wir müssen es in den nächsten Spielen und speziell am Samstag gegen Leverkusen besser machen", betonte er.

Unorganisiertes Verhalten in der Abwehr

Zuvor hatte schon Philipp Lahm Alarm geschlagen. Krise? Nein, "Krise ist zu viel gesagt", beteuerte der Mannschaftskapitän, auch ihm war allerdings deutlich anzusehen, dass er einigermaßen sauer war – auf sich und seine Mitspieler. "Aktuell sind wir ein bisschen sorglos", bemängelte er, "wir wissen nicht, dass der Gegner auch Tore machen kann und dass Fehler bestraft werden." Von diesen Fehlern, ergänzte Lahm, "machen wir zu viele", und das "müssen wir so schnell wie möglich abstellen".

Auffällig war auch gegen Rostow, in der Champions League bisher sieglos, das schlampige und unorganisierte Verhalten in der Abwehr. Rummenigge sah sich sogar veranlasst, Weltmeister Jerome Boateng an den Pranger zu stellen. "Ich glaube, dass Jerome wieder ein bisschen zur Ruhe kommen muss. Seit dem letzten Sommer ist mir das ein bisschen zu viel. Es wäre im Sinne von ihm und vom ganzen Klub, wenn er da ein bisschen wieder back to earth runterkommt", sagte er bei Sky.

Zuerst die Fehler, dann die Verletzung

Dass ein Spieler öffentlich so angezählt wird, hat es beim FC Bayern schon lange nicht gegeben. Unabhängig davon: Boateng spielte in der Tat schlecht, er machte vor dem 1:1 durch Sardar Azmoun (44.) schlechte Figur, verursachte den Foulelfmeter, der zum 2:1 durch Dmitri Polos führte (49.), und wirkte insgesamt wie eingefroren. Zu allem Überfluss musste er in der 58. Minute ausgewechselt werden, eine Muskelverhärtung, nichts Schlimmes. Immerhin.

Futsch ist nach der zweiten Pflichtspielniederlage die Chance, in einem Endspiel am 6. Dezember gegen Atletico Madrid Platz eins in Gruppe D zu sichern. "Wir wollten Gruppenerster werden, da mache ich keinen Hehl daraus", sagte Rummenigge. Dass die Münchner als Zweiter nun "natürlich einen größeren Kracher bekommen", gefällt ihm nicht – der FC Bayern geht aber zumindest Manchester City und damit seinem ehemaligen Trainer Pep Guardiola aus dem Weg.

Erleichterter Guardiola

"Ich bin froh, nicht gegen Bayern München spielen zu müssen. Die Mannschaft, die gegen Bayern spielt, hat es nicht gut", sagte Guardiola nach dem 1:1 bei Borussia Mönchengladbach. Offensichtlich hat er seine ehemalige Mannschaft schon lange nicht mehr gesehen.

"Ich bin richtig enttäuscht von unserem Auftritt", sagte Carlo Ancelotti. "Ich übernehme die volle Verantwortung dafür", ergänzte er und betonte, übrigens nicht zum ersten Mal: "Wir müssen sofort an unserer Einstellung arbeiten." (sid, 24.11.2016)