Wie moderne Version des Märchens "Die Sterntaler": Der deutsche Finanzberater Joachim Ackva lässt Geld vom Himmel fallen.

Illustration: David Mathews

Die Kinder sind meist die Ersten, die begreifen, was da passiert. Schau mal, Mama, da fliegt Geld vom Himmel. Und dann setzt das Jagdfieber ein, kleine Hände greifen nach Fünf- und Zehn-Euro-Scheinen, Mädchen wie Buben lachen, Erwachsene schauen erstaunt. Joachim Ackva mag diese Szenen. "Ich spüre sogar selbst bei mir Jagdfieber", sagt er. Doch er schaut nur zu und versucht nicht, die flatternden Scheine einzusammeln. Er ist es ja, der da sein eigenes Geld vom Himmel fallen lässt.

In Frankfurt segelten die Scheine auf den Römer, einen Platz in der Innenstadt, in Berlin gab es vor dem Brandenburger Tor und auf dem Alexanderplatz etwas aufzuklauben, in Köln vor dem Dom und in Zürich auf dem Helvetiaplatz. 3.500 bis 4.000 Euro lässt sich der Finanzberater die Aktion kosten. Die Fünfer und Zehner werden in Säcke gepackt, diese an eine Traube von Heliumballons gebunden und gen Himmel geschickt.

Haben die Ballons eine Höhe von 30 bis 40 Metern erreicht, wird das Verbindungsseil so gezogen, dass sich die Säcke öffnen. "Vor der ersten Aktion haben wir auf einer großen Wiese im Pfälzer Wald geübt, hat prima geklappt", sagt Ackva. Wenn das Geld in den Städten zu Boden fällt, haben Kinder weniger Hemmungen zuzugreifen als Erwachsene, hat Ackva beobachtet.

Aber sie bringen die Scheine zu den Eltern. Erfreut sind jedenfalls große und kleine Sammler. "Die meisten Kinder erklärten, sie wollten das Geld zunächst mal sparen. Erwachsene gönnen sich was, mal ein Buch, mal ein T-Shirt", sagt Ackva.

Mehr Gerechtigkeit

Es klingt wie eine moderne Version des Märchens "Die Sterntaler", und als solches will Ackva die Aktion auch verstanden wissen. Der 51-Jährige ist selbstständiger Finanzberater, er lebt im südlichen Rheinland-Pfalz und hat in seinem Leben schon so viel verdient, dass er nicht mehr arbeiten müsste. Er besitzt nicht nur einiges an Geld, sondern denkt auch darüber nach, was man damit machen könnte, damit die Welt ein bisschen gerechter wird.

Natürlich nicht, indem man ein paar Euroscheine auf deutsche Innenstädte regnen lässt, das ist Ackva schon klar. Mit dem Geldregen will er zum Nachdenken anregen: über Mangel und Überfluss, über das Teilen und Abgeben. Letzteres sollte jeder seiner Meinung nach machen. Ackvas Vorschlag: Jeder Bürger soll freiwillig ein Tausendstel seines Vermögens abgeben. Wer 100.000 Euro hat, sollte sich also von 100 Euro trennen, wer 20.000 Euro hat, von 20.

Gerade hat er bei der deutschen Ethikbank ein sogenanntes Weltkonto eröffnet. "Wir geben uns fünf Jahre Zeit, bis dahin wollen wir 100 Millionen US-Dollar zusammenhaben", sagt er. Gelingt das Experiment, wird das Geld den Vereinten Nationen übergeben mit der Bitte, ein echtes UN-"Weltkonto" einzurichten. Das Geld soll dabei helfen, die 17 globalen Ziele (Global Goals) umzusetzen, die die 150 Staats- und Regierungschefs 2015 festgelegt haben. Ackva sieht es als gemeinsame Stimme der Zivilgesellschaft auf globaler Ebene.

Ein solches Konto sei eine sinnvolle Ergänzung zu den unzähligen einzelnen Hilfsaktionen, die nebeneinander laufen. Und wenn die 100 Millionen Dollar nicht zusammenkommen? Dann wird das Geld nicht wieder an die Spender zurücküberwiesen, sondern geht an die Welthungerhilfe. Und die Geldballons steigen derweil weiter. (Birgit Baumann, Portfolio, 2016)