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Kritiker sehen in den Tisa-Entwürfen eine massive Bedrohung des EU-Datenschutzes.

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Die Europäische Union, die USA sowie 23 weitere Staaten verhandeln schon länger über ein Abkommen zur Erleichterung grenzübergreifender Dienstleistungswirtschaft. Öffentlich verlaufen die Gespräche allerdings nicht. Jedoch sind nun Papier aus der im September abgeschlossenen 20. Verhandlungsrunde in Umlauf geraten.

Erneut ist es die NGO Greenpeace, welche die Dokumente erhalten und in Umlauf gebracht hat. Es handelt sich dabei nicht um den Haupttext von Tisa, sondern um Anhänge, die verschiedene vom Abkommen behandelte Bereiche abdecken. Gemeinsam mit Netzpolitik.org hat man diese ausgewertet und äußert große Bedenken.

Privatzensur

Sorgen bereiten etwa die angedachten Regeln für Online-Plattformen, in den Papieren auch als "interaktive Computerdienste" beschrieben, die den Zugriff mehrerer Nutzer auf einen Server zulassen. Die USA drängen darauf, dass Betreiber nur noch für die Löschung oder Sperrung von Inhalten Rechtfertigung liefern müssen, wenn sie diese selbst produziert haben. Dabei sollen Begründungen wie Anstößigkeit ausreichend sein. Kritiker fürchten eine "Privatisierung der Zensur" durch Facebook und Co.

Bedroht sehen sie auch die Netzneutralität. Auch hier gibt es einen Vorstoß aus den USA zur Legalisierung von "verhältnismäßigem" Traffic Management. Eine Formulierung, die nicht nur die in den Staaten von der FCC erlassenen, sondern auch die europäischen Vorgaben zur Gleichbehandlung von Datenströmen unterlaufen könnte. Möglicherweise entstünde hier eine Hintertür für die Provider zur Schaffung von Zwei-Klassen-Angeboten.

Gefahr für Datenschutz

Auch der europäische Datenschutz scheint bedroht. Hier geht es unter anderem um Speicherung personenbezogener Daten auf Servern in Drittstaaten, wo von den USA verbindliche Regelungen abgelehnt und nationale Sicherheitsbelange als Maßstab der Verhandlungsposition herangezogen werden.

Der Grüne Europaabgeordnete warnt per Aussendung anhand des Leaks bereits vor einer Erodierung des Datenschutzes zugunsten von Handelsinteressen. In Europa selbst gibt es noch keine einheitliche Position in Privacy-Fragen.

Open Source

Neues gibt es auch hinsichtlich des Umgangs mit Open Source Software. Laut aktuellem Stand sollen Staaten bei der Ausschreibung von Software für kritische Infrastruktur nicht mehr verpflichten können, den Quellcode öffentlich zugänglich machen zu können. Damit können sie auch in diesem Ausnahmefall nicht mehr auf Open Source bestehen, was sich in puncto Sicherheit negativ auswirken könnte.

Zur Hoffnung der Tisa-Gegner könnte in dieser Situation ausgerechnet der designierte 45. Präsident der USA werden. Donald Trump positioniert sich als Gegner des Freihandels und hat angekündigt, aus dem transpazifischen Handelsabkommen TPP auszusteigen. Es bleibt abzuwarten, welche Position er hinsichtlich Tisa und TTIP beziehen wird. (red, 25.11.2016)