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Auch am Dienstag werden 22 Flüge von und nach Wien und zwei von und nach Graz ausfallen.

Foto: REUTERS/Kai Pfaffenbach

Wien – Zwei Tage Normalbetrieb hat die deutsche Pilotengewerkschaft Cockpit der Lufthansa gegönnt, am Dienstag und Mittwoch geht der Arbeitskampf weiter. Nachdem schon in der vergangenen Woche von Mittwoch bis Samstag rund 350.000 Passagiere ihren Flug verpasst haben, kommt es erneut zu zahlreichen Ausfällen. Am Dienstag sind alle Kurzstreckenflüge der Airline betroffen, darunter auch wieder 22 Flüge mit Start oder Landung am Flughafen Wien. In Graz werden zwei Flüge gestrichen.

Am Mittwoch wird dann sowohl die Kurz- als auch die Langstrecke bestreikt. Betroffenen Passagieren wird empfohlen, sich mit der Fluglinie wegen Umbuchungen in Verbindung zu setzen. Aktuelle Infos finden sich auch auf der Homepage des Flughafen Wien und der Lufthansa.

Grafik: Standard

Die Fronten zwischen Unternehmen und Gewerkschaft bleiben indes verhärtet. Aus Sicht der Fluggesellschaft ist die Gehaltsforderung der Piloten in Teilen illegal. Wie schon in der Vorwoche ist die AUA-Konzernmutter mit dem Versuch gescheitert, den Streik gerichtlich zu stoppen. Das Arbeitsgericht München lehnte einen entsprechenden Eilantrag des Unternehmens ab.

Im Vergleich zu anderen Branchen sind die Forderungen der Piloten durchaus saftig: Cockpit will für die 5.400 Piloten 3,7 Prozent mehr Gehalt pro Jahr, einschließlich Nachzahlungen für vier Jahre.

Für Sebastian Kummer, Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik an der Wirtschaftsuni Wien, ist die lange Dauer des Streiks erstaunlich: "Die Piloten schädigen die Lufthansa extrem. Die Leute verstehen das ja nicht, die Gehälter sind schon jetzt exorbitant." Kummer sieht die Streiks als "letztes Aufbäumen", selbst Piloten hätten schließlich nicht mehr jene Marktmacht wie noch vor einigen Jahrzehnten. Grund sei die wachsende Konkurrenz sowohl unter den Piloten als auch zwischen den Fluglinien. Arabische Carrier setzten die Lufthansa auf der Langstrecke unter Druck, Billig-Airlines auf der Kurzstrecke.

Organisationsgrad geht zurück

Noch immer ist die Luftfahrt aber ein relativ abgeschotteter und konzentrierter Markt, in dem die Lahmlegung eines einzelnen Arbeitgebers große Auswirkungen hat. Verstärkter internationaler Wettbewerb in anderen Branchen sowie ein schwindender gewerkschaftlicher Organisationsgrad haben schon länger dazu geführt, dass die Streikhäufigkeit in der EU insgesamt abnimmt. Laut Zahlen des Europäischen Gewerkschaftsbundes (siehe Grafik) ist die Zahl der Streiktage pro 1.000 Einwohner zwischen 2000 und 2015 zurückgegangen – auch wenn es deutliche Schwankungen je nach Jahr und Land gibt.

Dass die Entwicklung in Einzelstaaten individuell beurteilt werden muss, betont auch Arbeitsmarktexperte Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien. Der Trend sei aber eindeutig: "Es ist nicht mehr wie vor 20 Jahren, wo es in Italien praktisch jeden zweiten Tag einen Streik gab."

Streikarmes Österreich

Hierzulande lässt sich die Streikdauer pro Jahr und Arbeitnehmer in Sekunden messen. Im Vorjahr gab es laut ÖGB keine einzige Arbeitsniederlegung, in den Jahren 2005 bis 2010 erlebte das Land gar eine sechs Jahre währende Phase der Streiklosigkeit. Der einzige große Arbeitsausstand nach Stabilisierung der Zweiten Republik fand 2003 statt, als Hunderttausende gegen eine geplante Pensionsreform der damaligen schwarz-blauen Regierung aufbegehrten. (Simon Moser, 29.11.2016)