Salzburg – "Wir sind die Mitte. Das, was an die Peripherie gehört, müssen wir wieder dorthin befördern", gab sich die Soziologin Edit Schlaffer am Montagabend kämpferisch. Beim Auftakt der Extremismustagung vom Friedensbüro Salzburg und dem Bildungshaus St. Virgil debattierte das Podium die Frage: "Wie salonfähig ist der Extremismus?"

"In die Falle, den Extremismus nur an den gesellschaftlichen Rand zu drängen, tappen wir nicht mehr", antwortete der Leiter des Friedensbüros, Hans-Peter Graß, in seinen Eröffnungsworten. Die gesellschaftliche Mitte und Extremismus seien längst "kommunizierende Gefäße".

Das weiblich besetzte Podium näherte sich dem Thema dann aus verschiedenen Perspektiven. Edit Schlaffer, die Gründerin von Frauen ohne Grenzen, sagte, man müsse sich dem "globalen Phänomen der Angst, Zaghaftigkeit und Unentschlossenheit" stellen und dürfe nicht zulassen, dass sich die Gesellschaft spalte. Sie plädierte dafür, radikalisierte Menschen wieder in unsere Mitte zu holen.

Hinhören, argumentieren und dagegenhalten

Die Frage nach dem Wie bestimmte die Diskussion. In den Dialog mit Extremisten treten oder ihnen doch keine Bühne bieten? "Wir müssen in die Communitys gehen und sie aus der Falle rausholen, in die sie getappt sind", sagte Schlaffer. Um die Menschen überhaupt zu erreichen, müsse man kreativer werden. "Wir müssen hinhören, schlagfertig argumentieren, mit Fakten dagegenhalten, entemotionalisieren, furchtloser werden. Wir dürfen nicht mit Freunden Diplomatie exerzieren, die Feinde sind gefragt."

Für die Linzer Psychiaterin und Neorologin Adelheid Kastner ist in den verhärteten Fronten der Punkt bereits überschritten, wo faktische Argumente und Dialog etwas ändern können. "Die Bereitschaft zuzuhören muss von beiden Seiten gegeben sein." Die Gründe für diese zunehmende "kopflose Emotionalisierung" sieht die psychiatrische Gutachterin auch in einem Systemversagen: Die Politik habe lange Jahre konsequent und verbissen bei Problemen vorbeigeschaut und diese schöngeredet anstatt Lösungen anzubieten, betonte Kastner.

Dialog in der Geisterstadt Dresden

Nicht Müde, auf die Menschen zuzugehen, wird auch die Dresdner Bürgermeisterin Kristin Klaudia Kaufmann (die Linke), die jeden Montag mit Aufmärschen von Pegida-Anhängern konfrontiert ist, obwohl die Flüchtlinge in Dresden nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung ausmachen. Mittlerweile sei diese Angstmache auch ein wirtschaftliches Problem, Dresden sei zur Geisterstadt verkommen. Kaufmann sieht als Hauptprobleme den Echoraum der virtuellen Realität und die negative Berichterstattung der Medien.

Bei Bürgerabenden mit Pegida-Anhängern ist die Politikerin schon an die Grenzen der Diskussionsbereitschaft gestoßen. "Die wollten sich aber nicht informieren, die wollten nicht diskutieren. Die wollten schimpfen, diskreditieren, verleumden, Fakten infrage stellen." Sie setzt aber weiter auf Dialog etwa in Form von Bürgerfesten. Denn: "Welche andere Chance haben wir denn? Eine Demokratie lebt davon, zu diskutieren und gemeinsame Lösungen zu suchen. Das ist das einzige Mittel, das uns Politikern bleibt." (Stefanie Ruep, 29.11.2016)