Sind sich noch nicht ganz einig: Innenminister Wolfgang Sobotka (links) und SPÖ-Verhandler Hans Peter Doskozil.

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Wien – Umstritten waren die Asylrichtwerte (vulgo Obergrenze) von Anfang an. Im Zusammenhang mit dem aktuellen Fremdenrechtspaket sorgen sie nun wieder für rechtlich kontroversielle Debatten. Die SPÖ hegt, wie berichtet, Zweifel, ob es verfassungsrechtlich überhaupt zulässig wäre, die Richtwerte, die als politische Ziele zwischen SPÖ und ÖVP vereinbart wurden, auch per Gesetz festzuschreiben. Zur Erinnerung: Heuer sollen maximal 37.500 Anträge zum Asylverfahren zugelassen werden, nächstes Jahr dann 35.000, 2018 nur mehr 30.000 und 2019 schließlich höchstens 25.000.

Damit diese Marken nicht überschritten werden, wird an verschiedenen Schrauben gedreht. Im Innenministerium wurde eine Sonderverordnung vorbereitet, die es – sobald sie in Kraft gesetzt wird – erlauben würde, Asylanträge an der Grenze nicht mehr anzunehmen. Heuer wird der Richtwert auch ohne diese Notverordnung voraussichtlich nicht erreicht. Um für den Fall der Fälle gerüstet zu sein, soll nächste Woche dennoch die finale Fassung außer Streit gestellt werden, wie Innenminister Wolfgang Sobotka (VP) und Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SP) am Dienstag erklärten.

Erst im Folgejahr behandeln

Ein zweites Vorhaben des Innenministeriums: Kommt man in einem der nächsten Jahre der Obergrenze nahe, sollen Asylanträge von Menschen, die bereits in Österreich sind, formell nicht mehr zum Verfahren zugelassen werden. Mit anderen Worten: Diese Anträge würden auf die lange Bank geschoben und erst im Folgejahr behandelt, für das dann wieder ein neuer Richtwert gilt.

Dieser Schritt, also das Nichtzulassen zum Verfahren, wäre aber nach Rechtsansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen (BFA) nicht möglich, wenn die Obergrenze nicht explizit ins Fremdenrechtsgesetz aufgenommen wird. Denn wie Sprecher Karl-Heinz Grundböck im Gespräch mit dem STANDARD erklärt: Die Behörden können und dürfen nur vollziehen, was per Gesetz oder Verordnung festgelegt ist. Eine politische Erklärung durch die Regierung reicht dafür nicht.

Verhandlung vertagt

Wie der Konflikt gelöst werden könnte, ist offen. Entweder müsste die SPÖ einem aus ihrer Sicht verfassungswidrigen Gesetz zustimmen, oder das Innenressort müsste auf die Möglichkeit, Asylverfahren in Folgejahre zu schieben, verzichten. Kommenden Montag wird weiterverhandelt.

Darüber hinaus geht es beim Fremdenrechtspaket noch um strengere Strafen für Asylwerber, die ihre Identität verschleiern, die sich trotz gültigen Ausreisebescheides weigern, Österreich zu verlassen sowie um beschleunigte Aberkennungsverfahren für straffällig gewordene Flüchtlinge und das Integrationsjahr. (Günther Oswald, 29.11.2016)