Hype gehört zum Spielerleben dazu, und oft – allzu oft – kann er nicht halten, was versprochen wurde. Trotzdem ist es ein kleines bisschen ungerecht, dass ein Spiel wie "No Man’s Sky" in diesem Jahr so etwas wie das Paradebeispiel für enttäuschte Spielerhoffnungen geworden ist, denn immerhin hatten – und haben – ja trotzdem auch viele Spieler ihren Spaß an der ereignisarmen Sammelolympiade im fast unendlichen All. Mittlerweile reicht ja auch ein Mega-Patch zumindest Teile der mehr oder weniger versprochenen Inhalte nach – trotzdem wird das Spiel des zum Buhmann stilisierten britischen Entwicklers Sean Murray für viele Spielerinnen und Spieler die bleibende Enttäuschung dieses Jahres bleiben. Vielleicht bleibt zusätzlich ja auch die Erkenntnis, dass Marketing und PR für nicht veröffentlichte Titel eben eines sind: Werbung.

Natürlich geht es noch schlimmer, denn mit den folgenden Gurken des vergangenen Spielejahres hatten wohl wirklich nur die allerwenigsten Spielerinnen und Spieler so etwas wie Spaß. Ein Worst of 2017 – bitte nicht unter den Gabentisch legen.

Homefront: The Revolution (Xbox One, PS4, Windows)

Schon der hurrapatriotische Vorgänger war kein Glanzstück der Spielegeschichte, mit dem überambitionierten Nachfolger hat sich Dambuster Studios aber leider selbst übertroffen: Die bösen Nordkoreaner haben die USA überrannt und in Philadelphia geht der Widerstand gegen die bösen Besatzer so richtig zur Sache – als Freiheitskämpfer schießt, schleicht und sprengt man sich halt so durch.

Abgesehen von der von jeder Subtilität befreiten Story, mussten Spielerinnen und Spieler auch in Sachen Gameplay starke Nerven bewahren: Uninspiriertes Shooter-Einerlei, gähnend langweilige Nebenmissionen und eine KI, die den Namen nicht verdient, ließen die ständige Repetition, die endlosen Wiederholungen abgelöst von ständiger Repetition und wieder darauffolgenden Wiederholungen eher zum Freiheitskrampf werden. Schade drum, denn irgendwo da drin wäre vielleicht ein würdiger Konkurrent für Ubisofts Open-World-Paraderezept versteckt gewesen.

Nachlese

"Homefront: The Revolution": Miserable Wertungen für den Guerilla-Shooter

Homefront

Ghostbusters (Xbox One, PS4, Windows)

Dass das Remake der klassischen Geisterjägersaga gestandene Mannsbilder durch die weibliche Rollenbesetzung zutiefst in ihrer Jugendnostalgie verletzt hat, ist noch gar nichts gegen die Ungerechtigkeit, die das Spiel jenen Unglücklichen angetan hat, die per Joypad selbst auf Geisterjagd gehen wollten. Wer bisher nicht glauben wollte, dass ein quasi von selbst Spaß machendes Genre wie der kooperative Twin-Stick-Shooter für bis zu vier Spieler auch den aufgedrehtesten Energy-Drink-Junky in kürzester Zeit ins Traumland befördern könnte, wurde hier eines Besseren belehrt.

Große Franchises sind nicht genug – und schon gar nicht, wenn die große und kleine Konkurrenz rundum Spiele im exakt selben Genre veröffentlicht, die nicht derart langweilig sind.

Nachlese

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Activision

Umbrella Corps (Windows, PS4)

Abteilung Franchises, die das nicht verdient haben: "Umbrella Corps", auch ein "Resident Evil"-Ableger, hat sich einen Platz in dieser Hall of Shame redlich erarbeitet. Es mag ja Menschen geben, die sich angesichts der altehrwürdigen Survival-Horror-Kultspielreihe nach einem kompetitiven Multiplayer-Erlebnis verzehrt haben, doch selbst diese armen verwirrten Seelen wurden mit Capcoms Versuch, auch dieses Pferdchen kommerziell zuschanden zu reiten, nicht glücklich – die waren nämlich sogar mit dem ebenfalls nicht gerade berauschenden "Operation Raccoon City" aus dem Jahr 2012 immer noch besser bedient.

Schlampige Programmierung, teilweise unfaire Spielmechaniken und das seltsame Gefühl, dass man es hier mit einem unfertigen Prototyp zu tun hat, machen "Umbrella Corps" zum perfekten Spiel für die reale Zombieapokalypse, wenn es eh schon egal ist. Bis die kommt, kann man seine Zeit allerdings vernünftiger verbringen.

Nachlese

Multiplayer-Shooter "Resident Evil Umbrella Corps" angekündigt

Resident Evil

7 Days to Die (Windows, Xbox One, PS4)

Und noch einmal Zombieapokalypse, diesmal im Sandkasten. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Auf dem PC, wo diese Mischung aus "Minecraft" und jedem untoten Weltuntergang ever immer noch im Early Access weiterentwickelt wird, kommt im Multiplayer mit Freunden durchaus so etwas wie Freude am Bauen, Befestigen und Verteidigen auf – die Portierungen für die Konsolen allerdings zeigt eindrucksvoll auf, dass die beiden Ökosysteme unterschiedlich gut auf halbfertige Produkte reagieren.

Hakelige Animationen, absurde KI-Aussetzer, kreative Physik und mangelhafte Steuerbarkeit per Joypad ließen "7 Days to Die" beim Release für Konsolen in den Keller rasseln. Dort sitzt es, bis es fertig ist. Bitte nicht füttern.

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"DayZ" bis "ARK": Eine Abrechnung mit Sandbox-Ruinen

GameNews PlayStation

Mighty No 9 (Windows, PS4, Xbox One, WiiU)

Es hätte so schön sein können, nein: müssen. Als der "Megaman"-Entwickler Keiji Inafune 2013 nach nur zwei Tagen auf Kickstarter das Geld für einen Nachfolger im Geiste für sein Kultspiel beisammen hatte, war die Hoffnung auf eine Wiedergeburt des notorisch schweren Jump’n’Run-Plattformers groß. Drei Jahre später folgten dann lange Gesichter: Uninspiriertes Leveldesign, technische Stotterer und schiere Banalität waren der traurige Beweis dafür, dass manche Kindheitserinnerungen durch Wiederaufwärmen im zeitgenössischen Gewand durchaus zu depressiven Verstimmungen führen können.

Wer "Mighty No 9" auf Kickstarter hoffnungsfroh mitfinanziert hat, hat zumindest einen Grund, bis zum Abspann durchzuhalten: Dort werden die 60.000 Unterstützer namentlich gewürdigt. In einer scrollenden Namensliste, nicht alphabetisch, sondern nach Eingang des Geldes gereiht. Drei Stunden lang. Es sind nicht die schlechtesten drei Stunden in diesem Spiel. (Rainer Sigl)


Nächstes Jahr, so wird uns zumindest von allen Seiten versprochen, wird alles anders. Was waren Ihre größten Spieleenttäuschungen in diesem Jahr?

Deep Silver