"Strache?", fragte Nina Proll. "Nein, den mein ich gar nicht."

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Nina Proll als Nicoletta Huber in der ORF-Serie "Vorstadtweiber".

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Wien – FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sah sich in der ORF-Serie "Vorstadtweiber" falsch als homosexuell dargestellt. Doch nun hat auch der Verwaltungsgerichtshof Straches Revision als "unbegründet" abgewiesen. In dem Dialog des Anstoßes fiel Straches Name im Zusammenhang mit homosexuellen Politikern – er wurde aber gleich im nächsten Satz als "nicht gemeint" bezeichnet. Ein Sprecher des Verwaltungsgerichtshofs bestätigt am Mittwoch auf Anfrage die STANDARD-Infos über diese Entscheidung der Höchstrichter.

Freiheit der Kunst

Das Höchstgericht grundsätzlich in seiner Entscheidung über Straches Revision: Fernsehserien, die frei erfundene Handlungen erzählten, seien "wie Kinospielfilme, Fernsehfilme und Sendungen der leichten Unterhaltung das Produkt künstlerischen Schaffens und damit vollumfänglich von der in Art 17a Staatsgrundgesetz verankerten Kunstfreiheit sowie der in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention enthaltenen Freiheit der künstlerischen Äußerung geschützt".

"Überschreitet nicht den zulässigen Rahmen"

In der sehr ausführlich begründeten Entscheidung des Höchstgerichts heißt es wörtlich: "Aus dem satirischen Charakter der Fernsehserie und dem ironisch angelegten Dialog, in der die in Beschwerde gezogene Passage gezeigt wurde, ergibt sich, dass dieser nicht darauf abzielte, wahre Einzelheiten aus dem Privatleben des Revisionswerbers anzusprechen, sondern auf die Person des Revisionswerbers nur wegen ihrer öffentlichen Stellung als bekannter österreichischer Politiker Bezug genommen wurde. Die Nennung seines Namens im Zusammenhang mit offen gelebter Homosexualität (ein Faktum, das der Öffentlichkeit als klar unrichtig bekannt ist) mag unter Berücksichtigung seiner politischen Positionen als bewusst provokant verstanden werden, sie überschreitet aber nicht den zulässigen Rahmen von satirischer Auseinandersetzung mit einer Person des öffentlichen Lebens."

Damit könne Strache auch nicht gegen die Nennung seines Namens oder den Bezug zu ihm vorgehen, entschieden die Höchstrichter.

"Keine unangemessenen Formulierungen"

In diesem Fall sehen die Verwaltungsrichter "auch keine polemische oder unangemessene Formulierung gegeben, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Verletzung des ORF-Gesetzes unzulässig wäre." Das wären Formulierungen, "die eine sachliche Auseinandersetzung vermissen lassen und in denen es erkennbar darum geht, jemanden bloß zu stellen, beziehungsweise um Aussagen oder Formulierungen eines Beitrags, die eine hervorstechende oder den Gesamtzusammenhang in den Hintergrund drängende Wirkung entfalten, sodass beim Durchschnittsbetrachter unweigerlich ein verzerrter Eindruck entsteht".

Die Entscheidung verweist darauf, dass in dem Dialog derselbe Darsteller "bereits in der übernächsten Dialogzeile ausdrücklich widerruft", er meine Strache. "Wortlaut und Abfolge des Dialogs in ihrer Gesamtheit lassen keinen Zweifel daran offen, dass sich die Behauptung einer offen gelebten homosexuellen Lebensweise gerade nicht auf den Revisionswerber, sondern auf einen nicht näher genannten aus dem Land Y (bzw andere Personen in dem Land Y) bezieht."

Weder Verdacht noch Vermutung

Die Höchstrichter: "Nach dem für einen Durchschnittsbetrachter zu gewinnenden Gesamteindruck kann weder der Verdacht noch die Vermutung der (offen gelebten) Homosexualität des Revisionswerbers übrigbleiben."

Die Vorgeschichte

Zwei Instanzen haben Heinz-Christian Strache zuvor schon abblitzen lassen: Der FPÖ-Chef sah sich in einer Folge der ORF-Serie "Vorstadtweiber" falsch als homosexuell dargestellt. Die Serie habe das aber gar nicht behauptet, entschieden Medienbehörde und Bundesverwaltungsgericht. Und nun bestätigte sie auch der Verwaltungsgerichtshof.

Strache-Dialog

Woran stieß sich Strache genau? An dem Satz: "In Deutschland der Westerwelle oder dieser Berliner Bürgermeister. Oder bei uns der Strache. Die sind doch alle schwul und stehen dazu."

Doch der "Vorstadtweiber"-Dialog ging weiter, betonten die Medienbehörde und das Bundesverwaltungsgericht als zweite Instanz. Mit der Gegenfrage: "Der Strache?" Antwort: "Nein, den mein ich gar nicht. Der Kärntner da." – "Da kommen einige infrage." Zu beurteilen sei die gesamte Passage, in der die erste Behauptung ja sofort verneint werde, sagten die beiden Instanzen. – Den kompletten Dialogtext finden Sie unten.

In TVthek abrufbar

Der ORF hat diesen Dialog schon vor der Ausstrahlung am 9. Februar 2015 aus der "Vorstadtweiber"-Folge entfernen lassen. Aber: In den Untertiteln blieb sie erhalten und war etwa in der TVthek des ORF abzurufen. Darauf bezieht sich Straches Beschwerde.

Der FPÖ-Chef sah durch den ersten Teil des Dialogs seinen höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt, den Artikel 8 der Menschenrechtskonvention, das Mediengesetz und das ORF-Gesetz schützen. Er sei im Übrigen nicht homosexuell, was aber rechtlich nichts zur Sache tue, zitierte die Medienbehörde Komm-Austria die ursprüngliche Beschwerde. (fid, 30.11.2016)