"Vorstadtweiber"-Regisseurin Sabine Derflinger wohnt in einer Dachgeschoßwohnung im neunten Bezirk in Wien. Dort schaut sie durch die Dachflächenfenster so wie andere Menschen auf die Bilder an der Wand und sitzt im Sommer und im Winter auf ihrer Terrasse

"Es war eine Erlösung, das Arbeiten endlich vom Wohnen zu trennen. In meinem Büro, fünf Minuten von hier, habe ich früher auch gewohnt. Irgendwann ging das nicht mehr. Ich wollte rausgehen können. Mir war klar, dass ich etwas suchte, was in der Nähe vom Büro liegt, damit ich nicht ewig hin- und herfahren muss.

Einmal die Stiege rauf und runter – dann nahm Sabine Derflinger die Wohnung.
Foto: Lisi Specht

Wie bei allen meinen Wohnungen ist diese dann zu mir gekommen. An einem Donnerstagabend vor drei Jahren habe ich mir gedacht: Ich muss aus meiner alten Wohnung raus. Dann hab ich diese 70 Quadratmeter große Wohnung im Netz gefunden und sie am nächsten Tag besichtigt. Ich bin hereingegangen, einmal die Stiege rauf und runter und hab gesagt: "Die nehme ich. Die anderen Besichtigungstermine können Sie absagen, die brauchen nicht mehr kommen."

Was mir hier so gefällt, ist die Raumhöhe. Ich wollte immer im Dachgeschoß wohnen. Die Terrasse im oberen Stockwerk nutze ich das ganze Jahr. Im Sommer kommt dort oben richtig Urlaubsfeeling auf. Dann schlafe ich sogar auf der Terrasse. Im Winter sitze ich mit dem Mantel draußen.

Wichtig ist Sabine Derflinger, dass sie ihre Sachen gut verstauen kann.
Fotos: Lisi Specht

Bei einer Wohnung ist mir wichtig, dass sie nicht zu perfekt ist. Ich mag moderne Sachen und Möbel im Sinne von mobil. Das bedeutet, ich will ein Möbelstück einfach raustragen oder umschieben können. Ein Raum voller schwerer Möbelstücke – das ergibt energetisch so etwas Seltsames. Überhaupt gibt es bei mir immer wieder Möbelstücke, die auf einmal wegmüssen. Die will ich nicht mehr sehen. Auch wenn ich Wohnungen verlasse, schenke ich vieles her, um neu anzufangen.

Das war auch bei dieser Wohnung so: Als ich hier einzog, wollte ich nichts mitnehmen, was ich schon hatte. Am Ende nahm ich dann doch mein Sofa mit. Das habe ich schon 30 Jahre, und es schaut auch dementsprechend aus. Der Rest war eigentlich schnell eingerichtet. Früher habe ich viele Souvenirs von meinen Reisen mitgenommen – aus Burma zum Beispiel, wo ich gedreht habe. Aber es sammelt sich so viel an. Und bevor ich anfange, mir einen Kasten für all das Klumpert zu kaufen, verschenke ich die Dinge lieber. Mir ist überhaupt wichtig, dass ich Dinge verräumen kann. Ich brauche viel Stauraum. Im Schlafzimmer ist ein Riesenkasten – im Vorraum auch. Ich hab zwar nicht die wahnsinnige Ordnung, aber Chaos will ich auch nicht.

Darunter sind auch viele Souvenirs.
Fotos: Lisi Specht

Ich brauche weiße Wände ohne Bilder oder Fotos. Ich sehe den ganzen Tag Bilder. Ich hab alle meine wichtigen Fotos am Handy oder am Computer. Und wenn, dann lehnen Bilder bei mir an der Wand, solange sie mir gefallen. So ein Bild, das an der Wand hängt, schaut man ja den ganzen Tag an. Das prägt einen ja. Da bleibt kein Platz für die eigenen Projektionen. Wenn ich aus meinen Dachflächenfenstern schaue, dann habe ich ja ohnehin unzählige Bilder – Wolkenbilder, Flugbilder und so weiter.

Einen Fernseher habe ich schon lange nicht mehr. Ich schaue Filme auf meinem Laptop oder im Büro. Überhaupt gibt es in dieser Wohnung nichts, was darauf hindeutet, dass ich etwas mit Film und Fernsehen zu tun habe.

Derzeit ist meine Wohnung für mich hauptsächlich ein Rückzugsort. Hier kann ich mich wahnsinnig gut erholen. Ich habe noch eine zweite Wohnung in Berlin, obwohl ich derzeit hauptsächlich in Wien arbeite. Aber wenn ich morgen hinfahren würde, dann bräuchte ich nicht einmal einen Koffer mitzunehmen. Dort habe ich nämlich genau das Gleiche wie hier. Das gibt mir auch die Entschuldigung, alles doppelt und dreifach zu kaufen. Gut, der Stil der Berliner Wohnung ist ein bisschen anders, weil die Stadt anders ist. Es ist mehr Graffiti, mehr Künstlerwohnung.

Fotos: Lisi Specht

Wohnen ist für mich immer genau, was ich gerade zur Erfüllung eines Bedürfnisses brauche. Es wird aber immer schwieriger mit dem Wohnen. Es ist immer mehr davon abhängig, wie viel Geld man hat. Früher gab es noch 200 Quadratmeter große Wohnungen, die man richtig bewohnen konnte. Bei den heutigen Wohnverhältnissen stellt sich mir schon die Frage, wer sich heute noch wie bewegen kann und wie viel Raum zum Beispiel Kindern gegeben wird. Bei der Arbeit an einer Serie wie "Vorstadtweiber" kommt man in viele Wohnungen und Häuser. Und man merkt, wie das Wohnen die Menschen prägt. Dass es einen Unterschied macht, ob sie einen schönen Ausblick haben oder dem Nachbarn aufs Häusl schauen. Ich merke es ja selbst: Meine alte Wohnung war dunkel. Hier schaue ich vom Bett aus in den Sternenhimmel.

Wobei ich nicht ausschließe, dass ich in drei Jahren ganz anders wohne. Ich kann jetzt nicht sagen, was ich dann mache und wie ich lebe. Aber diese Wohnung gefällt mir schon sehr gut, weil Wohnen hier nicht so viel Aufwand ist. Das hier ist ein richtiger Wohntraum von mir. Ein Gemeinschaftswohnprojekt mit Freunden und Familie kann ich mir aber irgendwann auch vorstellen.

Im Moment ist mein Gefühl, dass ich noch ein bisschen reisen und unterwegs sein will – und dass ich diese Wohnung als einen Platz brauche, wo ich sein, aber auch jederzeit wieder gehen kann. Ich bin ein bisschen in Aufbruchsstimmung." (Franziska Zoidl, RONDO Open Haus, 9.12.2016)