Der Wahlkampf um die Hofburg geht zu Ende, wie er begonnen hat, mit schwerem Versagen der Koalitionsparteien. Sie eröffneten ihn mit der Präsentation von Kandidaten, deren Attraktivität ihnen nicht einmal selber nachhaltiger Unterstützung wert erschien, und die daher folgerichtig mit einem Debakel endete. Daraus lernend beendeten sie ihn auf der einen Seite mit Signalen an die Öffentlichkeit, Freiheitliche und Sozialdemokraten könnten etwas gemeinsam haben, und auf der anderen Seiten statt mit erhoffter Einigkeit mit einem internen Krach, ob einer der Kandidaten offen zu unterstützen sei, und wenn ja, welcher.

Der aufgeklärt wirkenden, tatsächlich nur windelweichen Linie, der mündige (Wut)Bürger brauche, weil selber weise, keine Empfehlung der ÖVP, wurde von ihrem Klubobmann Lopatka offen desavouiert. Der hält offenbar die Wählerinnen und Wähler für blöde genug, nur auf seine Empfehlung zu warten. Dabei gelang ihm noch der Treppenwitz der Lokalgeschichte, Hofer als wählbar zu empfehlen, weil er als Dritter Präsident des Nationalrates gute Arbeit geleistet hätte. Der bestätigte diese Einschätzung auch sofort, indem er zuließ, dass im Endspurt des Wahlkampfes und unter Verletzung des Telekommunikationsgesetzes eine Massenmail zur Belästigung von Auslandsösterreichern abging. Als Dritter Nationalratspräsident hat er dabei insofern gute Arbeit im Sinne Lopatkas geleistet, als er die Verantwortung für den Gesetzesverstoß seinen Parteifreunden umso lieber überließ, als die Österreicherinnen und Österreicher, die zur Überfremdung anderer Länder beitragen, den Schmarren ja nicht lesen müssten. Die werden sich noch wundern, sollte er Bundespräsident werden.

Ob aber ein Dritter Nationalratspräsident, der nicht einmal imstande – oder nicht willens – ist, seine Partei von ungenierter Ungesetzlichkeit zu seinen Gunsten abzuhalten, wirklich das Zeug zu einem Bundespräsidenten hat, werden angeblich die Wutbürger versus die Eliten des Landes entscheiden – wenn man einer modischen Gesellschaftsanalyse folgen will. Als Entscheidungshilfe könnten beide Fraktionen auch noch die Frage zu klären versuchen, ob die zarten Modifikationen, die Hofer in Bezug auf EU, Brexit und ein paar andere Themen in den letzten Monaten absonderte, einer ehrlich gemeinten Gehirnwäsche oder nur dem Shampoo "Kickl schuppenfrei" zuzuschreiben sind.

Als typische Ersatzhandlung, aber bemüht, kann man Hofer seinen spät erwachten botanischen Ordnungssinn zugutehalten, der nun das Ende der Kornblume als Parteikräutel einleiten soll. Mehr als eine metaphorische Austreibung der völkischen Ideologie aus der FPÖ zu verlangen wäre unbillig, zumal ohnehin nicht gesagt ist, ob Hofer sich damit durchsetzt. Als Bundespräsident dürfte er sich nicht mehr in Parteiangelegenheiten mischen, bleibt er für die FPÖ im Nationalrat, müsste er Alternativen bieten. Stiefmütterchen? Vergissmeinnicht? Cannabis?

Wie immer die Wahl am Sonntag ausgeht, der Mann steht vor schweren Aufgaben. Als kühnstes Projekt verkündete er nun, er wolle populär, nicht populistisch sein. Das sollte Wutbürger aufrütteln. (Günter Traxler, 1.12.2016)