purensuche im Geschäft mit dem Wintersport: Weit mehr als die Hälfte der Brettln auf Österreichs Skipisten ist mittlerweile geliehen.

Foto: apa/Jean-Christophe Bott

Wien – Als Sport Eybl den Schlussstrich zog, fiel für Michael Wernbacher der Startschuss. Der Erfinder des Business Run eröffnete mit Partnern einen Laufshop in Wien. Nicht, dass er sich vor dem einstigen großen Rivalen gefürchtet hätte, sinniert Wernbacher. Aber mit einem Schlag seien allein in Wien 28.000 Quadratmeter Verkaufsfläche frei geworden. Kleine Spezialisten, die Sportschuhe mehr verschreiben denn verkaufen, waren dünn gesät. Also wagte der Steirer den Sprung ins Unternehmertum.

Vor 20 Jahren hatte er schon einmal fünf Laufsportshops, verkaufte sie aber zehn Jahre später der deutschen Runnerspoint, die nun ebenso expandiert. Der Markt gab damals weniger her als jetzt, sagt Wernbacher. Auch habe er für seine Marke Wemove nun den besseren Standort. Das erste Geschäftsjahr habe sich besser entwickelt, als er zu träumen gewagt hatte.

Wie die Schwammerl

Wemove zählt zu einer jungen Garde an neuen Einzelkämpfern, die auf der verbrannten Erde, die Eybl in Österreich hinterließ, wie die Schwammerl aus dem Boden schießen. Aber nicht nur die Spezialisten wussten das Vakuum für sich zu nutzen. Intersport, Hervis, Sport 2000 und Gigasport – sie alle preschten in die Lücke vor, die der einstige Platzhirsch hinterließ.

Rund drei Jahre ist es her, dass der britische Marktriese Sports Direct Eybl und Sports Experts übernahm und den Filialen sein international einheitliches Diskontmodell überstülpte. Was in anderen Ländern für sprudelnde Gewinne sorgte, ließ in Österreich Verluste ausufern. Innerhalb von zwei Jahren verpufften fast 70 Millionen Euro. 170 Millionen Euro Umsatz verteilten sich neu. Ein Fünftel davon floss in den Internethandel ab, schätzen Marktkenner. Den Rest sicherte sich die Konkurrenz.

Mathias Boenke führte in Vorarlberg einst das Geschäft des Wäscheerzeugers Huber. 2014 wechselte er an die Spitze der Intersport Österreich – mit ihren hierzulande 115 Händlern und mehr als 260 Standorten. Kurz zuvor waren die Genossenschafter zu stillen Beteiligten geworden, Intersport Österreich kam unter das Dach der ehemals deutschen Schwester.

Rückkehr in Gewinnzone

Die Entscheidung war richtig, sagt Boenke. Intersport habe zwei Rekordjahre hinter sich. Der Umsatz sei zweistellig gewachsen, zuletzt auf 540 Millionen Euro. Die Zentrale habe 2015/2016 die Verlustzone hinter sich gelassen. Es waren vor allem Intersport-Händler wie Tscherne, Bründl, Winninger, die schon vor Jahren mit Filialen expandierten und nun in größere Städte vorstießen. Innerhalb von zwei Jahren entstanden zwei Dutzend neue Intersport-Standorte, darunter zwei Flagshipstores.

Sechs Filialen betrieb die Zentrale in Österreich bisher selbst, in Wörgl und Linz kamen zwei weitere dazu. Macht sie damit nicht den eigenen Mitgliedern Konkurrenz? "Gebietsschutz gibt es keinen", sagt Boenke. Jeder bekomme die gleichen Informationen und Chancen auf neue Standorte.

Zwei Welten

Die Branche hat sich aus seiner Sicht tiefgreifend verändert. Handel und Industrie seien angesichts der Veränderungen rund um Eybl nur kurz in Schockstarre verfallen, ehe sie flugs neue Bedingungen schufen. Heute teile sich der Markt in zwei klare Welten: in den Fachhandel und Diskont. Österreichs Sporthandelskunden wollten Beratung und sich auf Augenhöhe austauschen, ist sich Boenke sicher. "Wir mussten die DNA von Intersport nur schärfen."

Sport 2000 wuchs auf gleicher Fläche zuletzt um fünf Prozent im Jahr. Die Händler der Gruppe seien noch stärker zu Spezialisten geworden, sagt ihr Geschäftsführer Holger Schwarting.

Sports Direct geriet heuer international aufgrund mieser Arbeitsbedingungen hart unter Beschuss. In Österreich versucht der Konzern nach wie vor, sich selbst zu finden, was mitunter in Rabatten von 50 Prozent auf alles mündete. Pläne, einige Filialen auf die hochwertige Vertriebslinie Lillywhites umzurüsten, blieben hingegen im Versuchsstadium stecken. Sports Direct sammelt vielmehr Aktionskunden um sich, die zum Zielpublikum von Kik und Takko zählen.

Leihgeschäft immer wichtiger

Die gesamte Branche harrt derweil wie alle Jahre wieder nervös ergiebiger Schneefälle. Denn Skier werden erst gekauft, wenn der Bedarf danach tatsächlich da ist. Wobei etwaiger Boom hierbei ohnehin nur im Verleih stattfindet.

Vor 20 Jahren lag der Absatz an Skiern in Österreich bei 700.000 Paar. Mittlerweile wird die Industrie hier nur noch 300.000 Paar los, davon 180.000 über das Leihgeschäft. Überhaupt ist gut die Hälfte der Ausrüstung in den Skiorten mittlerweile geborgt. Vor allem Touristen aus dem Ausland verzichten gerne auf Eigenes. Start-ups üben sich daher bereits darin, ihnen auch entsprechende Hosen und Jacken auf Zeit zu vermitteln. (Verena Kainrath, 2.12.2016)