In voller Pracht: Die erste Ausgabe des "Seitenblicke"-Magazins (von Walter Meischberger)– das diese Woche (unter Dietrich Mateschitz) ausgedruckt hat.

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Wien – Was sind an einem Nachwahlmontag wie heute schon sieben Prozent? Das mag sich Alexander Wrabetz gedacht haben, als er seinen Gebührenantrag kalkulierte – und für den Tag nach der Präsidentenwahl in den Kalender eintrug. Wrabetz rechnete mit diesen sieben Prozent intern noch vor wenigen Tagen. Montag werden wir wohl erfahren, ob es dabei blieb.

Sieben Todsünden, sieben Samurai

Sieben ist ja grundsätzlich eine beliebte Zahl. Manche sprechen von einer Glückszahl, manche erinnert sie eher an die sieben Todsünden, viele auch an den gelungen grauenhaften Thriller "Sieben". "Die glorreichen Sieben" wiederum kommen nicht ohne Verluste zum Schluss ("Wir verlieren immer"). Und ihr Vorbild "Die sieben Samurai" waren immerhin, so liest man jedenfalls, einer der teuersten Filme Japans, angeblich sogar aller Zeiten.

Verzögerung und Beharrung

Kurzum: Nach monatelangem Geplänkel steuert die ORF-Gebührendebatte, alle fünf Jahre wieder, auf ihren Höhepunkt zu. Also: Gebührenantrag an die ORF-Stiftungsräte. Vielleicht auch gleich an die Publikumsräte, die diesen Mittwoch zusammentreten und ohnehin grantig sind, weil sie diesmal die Programmschemata für 2017 erst nach dem Stiftungsrat zu sehen bekamen.

Und immerhin: Der Publikumsrat könnte eine Gebührenerhöhung noch ein paar Tage bis Wochen verzögern, bis der Stiftungsrat sie diesfalls ein zweites Mal beschließen müsste.

Montag in einer Woche tagt der Finanzausschuss des Stiftungsrats, dessen bürgerlicher Vorsitzender (und zuletzt Stimmungsmacher für Richard Grasl als ORF-Chef) Thomas Zach seit Monaten – durchaus nachvollziehbaren – Widerstand gegen höhere Gebühren proklamiert.

Make License Fee great again

Am 15. Dezember wird der Stiftungsrat wohl über den Gebührenantrag abstimmen, und ich würde – trotz aller Widrigkeiten – auf eine Mehrheit tippen. Landeshauptleuten liegt ihr ORF-Landesstudio (mit meist passender Besetzung) einfach zu sehr am Herzen, und die Inflation ist nun einmal schwer wegzudiskutieren, und warum erhöhen eigentlich Zeitungen so häufig ihre Verkaufspreise in den vergangenen Jahren?

Man könnte bei der Gelegenheit lange (und durchaus vernünftigerweise) über die Größe mancher ORF-Organisationseinheiten diskutieren, allein: Es finden sich für jede dieser Organisationseinheiten Stiftungsräte (und Entsender), die das gar nicht diskutierenswert finden.

Ein Seitenblick zurück im ...

Und damit sind wir auch schon beim zweiten, nicht ganz so aufregenden Thema: Stiftungsräte, und was manchen von ihnen wichtig ist. Nein, nicht umfassend, das würde den Rahmen dieser kleinen Wochenvorschau sprengen. Aber an einem schönen Beispiel. Walter Meischberger und der ORF.

Der Anlass: Diese Woche, am 7. Dezember, macht Dietrich Mateschitz nach Ankündigung seines Media House mit etwas Schluss, das einst ein ORF-Kurator und später ORF-Stiftungsrat der FPÖ beziehungsweise des BZÖ namens Walter Meischberger am 11. November 2000, also vor grob 16 Jahren gegründet hat: Das "Seitenblicke-Magazin" soll diesen Mittwoch zum letzten Mal als gedrucktes Heft erscheinen.

Das Grauen (auch schon der Nullerjahre)

Ja, das war Walter Meischbergers erstes "Seitenblicke"-Magazin.
Foto: seitenblicke magazin / repro: red

Wenn man den Erstling sieht, und selbst wenn man dabei alle schon damals nicht mehr aktuellen Zeiterscheinungen gnädig übersieht, dann kann man erahnen, warum nun nach langem Mühen und Probieren Schluss ist mit dem Heft, das sich mit freundlicher Unterstützung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach einer recht bekannten ORF-Marke benannte. Sehen Sie selbst:

Eine Modeseite aus dem ersten "Seitenblicke"-Magazin im November 2000.
Foto: seitenblicke magazin / repro: red
Ein Sportlerporträt im ersten "Seitenblicke"-Printmagazin.
seitenblicke magazin repro: red
Und eine sogenannte "Homestory" aus der ersten Ausgabe.
seitenblicke magazin repro: red

Meischberger war 2000 gerade nicht (mehr) Mitglied des ORF-Aufsichtsgremiums (dort saß er 1996 bis 1998) und etwas später, recht entscheidend für Alexander Wrabetz, noch einmal ab Februar 2006 für ein knappes Jahr. Da war Walter Meischberger als einer der BZÖ-Stiftungsräte der damaligen Regierungspartei eine Schlüsselfigur für die Ablöse Monika Lindners und die erste Bestellung ihres Finanzdirektors Alexander Wrabetz zum ORF-Chef.

Dorferneuerung

2007 bestellte eine neue Regierung (nun ohne BZÖ) neue Stiftungsräte, Walter Meischberger war naturgemäß nicht mehr darunter. 2008 bekam ich das Konzept für Meischbergers nächstes ORF-Projekt in die Finger: D-ORF – ein Social-Media-Portal, das von Facebook bis LinkedIn praktisch alle Funktionen einschlägiger Plattformen (mit etwas rustikalem Charakter) vereinen wollte.

Praktisch zeitgleich mit der STANDARD-Story riet auch die ORF-Rechtsabteilung recht nachdrücklich von dem Projekt ab – die EU-Wettbewerbsbehörde war damals auch gerade dabei, die Rundfunkgebühren zu prüfen, und sie tat das mit einem recht gestrengen Blick auf die Onlineaktivitäten des ORF. Meischberger beteuerte später (vor Gericht), dass der ORF nicht als Betreiber, sondern nur als Werbepartner (wie bei den Lotterien) vorgesehen war. Das Konzept las sich ein bisschen anders.

Millionen-Mail von Meischberger

Ein anderes, jedenfalls kolportiertes Dokument liegt dem STANDARD nicht vor, da können wir also nur – mit aller gebotenen Vorsicht und Distanzierung – "Österreich" (2010) und "Profil" (2011) zitieren: Beide berichteten damals über Mailverkehr Meischbergers an Wrabetz aus 2007, in dem Meischberger (laut "Profil") für ein TV-Magazinprojekt drei (laut Österreich zwei) Millionen Euro forderte und ihn (laut "Profil") bei der Gelegenheit an angebliche Vereinbarungen zur Bestellung des ORF-Generals 2006 erinnert habe.

Meischberger erklärte 2011 dazu (in einem Verfahren gegen "Österreich") vor Gericht: "Es gab keine Vereinbarung auf ein Wahlverhalten meinerseits in Bezug auf künftige Projekte". Er habe sich "auf Vereinbarungen bezogen mit Alex Wrabetz, nachdem ich Stiftungsrat war". Und Wrabetz sagte in dem Verfahren 2011 aus, er habe nach seiner Erinnerung auf das Mail Meischbergers nicht geantwortet.

Vielleicht wollte er auch da einfach nur ein bisschen abwarten. Wie mit dem Gebührenantrag 2016. (Harald Fidler, 5.12.2016)