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John Dramani Mahama (58) oder Herausforderer Nana Akufo-Addo (72)? Das ist am Mittwoch in Ghana die Frage.

Foto: Reuters/Gnago

Ab und zu fährt ein weißer Pickup durch die Straßen der ghanaischen Hauptstadt Accra. Die darauf montierten Lautsprecher sind bis zum Anschlag aufgedreht und versuchen ein letztes Mal vor der Parlaments- und Präsidentschaftswahl am Mittwoch, Werbung für John Dramani Mahama (58) oder Herausforderer Nana Akufo-Addo (72) zu machen. Doch den Vertretern beider großen Parteien, Mahamas Nationaler Demokratiepartei (NDP) sowie der Neue Patrioten Partei (NPP), ist längst klar, dass es keine reine Personenwahl mehr ist. Wer Ghana künftig regieren möchte, muss die kränkelnde Wirtschaft wieder auf Vordermann bringen und vor allem Arbeitsplätze für die Jugend schaffen.

Die einstige britische Kolonie, die 1957 unabhängig wurde und in der heute knapp 27 Millionen Menschen leben, gilt als westafrikanischer Vorzeigestaat. Seit 20 Jahren wird das Land für demokratische Wahlen gelobt. Bereits seit sechs Jahren ist es nach Definition der Weltbank ein "lower middle income country"; das Bruttonationaleinkommen liegt somit pro Kopf bei jährlich mindestens 1.026 US-Dollar (62 Euro).

Wirtschaftliche Schwierigkeiten

Doch vergangenes Jahr ist das Land ins Straucheln geraten. Dafür verantwortlich ist unter anderem eine Krise in der Stromversorgung gewesen. Die Staatsverschuldung lag im Jahr 2014 mit 72,2 Prozent, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, extrem hoch. Auch die aufgrund des schwachen Weltmarktpreises geringer ausfallenden Öleinnahmen schaffen – anders als gehofft – keine Entlastung. Ghana, das vor knapp zehn Jahren vor der Küste Öl in förderwürdigen Mengen entdeckte, gehört zwar nicht zu den bedeutenden Ölexporteuren, doch noch vor der letzten Wahl 2012 waren die Hoffnungen groß, dass das Schwarze Gold dem Land mehr Wohlstand beschert.

In Accra schüttelt die Kleinunternehmerin Ernestina Cole jedoch den Kopf. Vor 30 Jahren hat die Mutter von zwei erwachsenen Töchtern als Lehrerin gearbeitet, mittlerweile aber ihren Geschäftssinn entdeckt. Sie beliefert Bergbauunternehmen mit Diesel. "2015 musste ich an meine Ersparnisse", sagt sie. Die lokale Währung Cedi ist stark eingebrochen. Die Inflationsrate liegt laut ghanaischer Zentralbank mit 15,8 Prozent gleichbleibend hoch. Ernestina Cole wünscht sich deshalb von ihren Politikern vor allem eins: Sie sollen ein besseres Klima für Unternehmer schaffen. Ob es ihnen gelingt? Cole zuckt mit den Schultern. Egal, ob Mahama oder Akufo-Addo gewählt wird; große Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Krise hegt sie nicht mehr.

"Ganz oben auf der Agenda steht mit weitem Abstand die Frage nach der Wirtschaft und den Jobs", bestätigt auch Burkhardt Hellemann, der in Ghana die deutsche Konrad-Adenauer-Stiftung leitet. Das habe gerade eine Umfrage der Stiftung gemeinsam mit der Universität von Ghana ergeben. Besonders drückt die hohe Jugendarbeitslosigkeit. "Jedes Jahr strömen Hunderttausende von jungen Menschen auf den Arbeitsmarkt und finden keine Stelle oder die Möglichkeit, sich selbstständig zu engagieren, höchstens im informellen Sektor."

Beide aus Politikerfamilien

Im Juli war bereits eine Umfrage des Zentrums für demokratische Entwicklung zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Der 72-jährige Herausforderer Akufo-Addo, ein erfolgreicher Rechtsanwalt, war bereits zweimal der unglückliche Zweite bei einer Präsidentschaftswahl und galt bisweilen als arrogant und zu wenig bodenständig. Wie Mahama auch stammt er aus einer der großen ghanaischen Politikerfamilien. Aufgrund seines Alters dürfte die Wahl am Mittwoch nun seine letzte Chance sein. Wahlforscher im Land erwarten wie auch im Jahr 2012 ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Amtsinhaber und sehen mal den einen, mal den anderen Kandidaten vorne. (Katrin Gänsler aus Accra, 5.12.2016)