Bild nicht mehr verfügbar.

Im August 2014 verantwortete sich Taboga in Graz vor Gericht.

Foto: AP/ Hans Punz

18. Juli 2008. Der SV Kapfenberg mit Dominique Taboga gastiert beim SV Ried (mit Andreas Bammer). Taboga kam auf Umwegen in die Bundesliga, er war nicht immer überragend, in diesem Fall aber schon.

Foto: APA/ Rubra

Dominique Taboga, "Schweres Foul – Im Labyrinth des schönsten Spiels der Welt". € 24,90 / 216 Seiten. Egoth-Verlag, Wien 2016

Wien – Franz Müller, Hans Maier, Christian Hackl, Ferdinand Bauer. Namen wie diese, die man sich eigentlich leicht merken sollte, können einem durchaus entfallen. Aber Dominique Taboga, der Name bleibt hängen. Taboga Island ist eine winzige vulkanische Insel im Golf von Panama, das wäre sehr weit hergeholt. Italien, wo die Tabogas vor vielen Generationen lebten, liegt schon näher. Dominique, das haben sich, vor etwas mehr als 34 Jahren, die Eltern ausgedacht. Den Zusammenhang allerdings, in dem sein Name, wo auch immer man ihn fallenlässt oder eingibt, seit mehr als drei Jahren auftaucht, diesen Zusammenhang hat Dominique Taboga sich selbst zuzuschreiben.

Der Name geht mit dem größten Wettskandal einher, der je den österreichischen Sport erschüttert hat. Am 27. November 2013 wurde Dominique Taboga verhaftet, drei Monate später wurde er lebenslang gesperrt. In einem Strafprozess wurde er zu insgesamt drei Jahren Haft, davon ein Jahr unbedingt, verurteilt. Sechs weitere Angeklagte, unter ihnen der ehemalige Teamstürmer Sanel K., erhielten teils unbedingte Strafen von einem Jahr bis zu fünf Jahren. Fünf Fußballer und fünf weitere Personen hatten von 2004 bis 2013 versucht, insgesamt 18 Bundesligapartien zu manipulieren.

Es war 2005, als sich Taboga, damals bei DSV Leoben, anstiften ließ. Er gibt zu, die Aussicht auf das große, schnelle Geld habe ihn gelockt. Der Versuchung, mehrere Tausend statt 600 Euro pro Partie zu verdienen, konnte er nicht widerstehen. Eine dramatische Wendung erfuhr die Geschichte, als Mittäter ihn zu erpressen begannen, mit der Drohung, seine Rolle öffentlich zu machen, mit der Drohung auch, seiner Familie etwas anzutun. Taboga zahlte zunächst, irgendwann ging ihm das Geld aus, er griff in die Grödiger Mannschaftskasse, der Druck wurde immer größer, am Ende sah er keinen anderen Ausweg mehr, als zur Polizei zu gehen. Da stellte er sich zunächst nur als Opfer dar, doch bald war den Ermittlern klar, dass sie auch gegen Taboga zu ermitteln hatten. Er wurde verhaftet, saß zwei Monate in Untersuchungshaft.

Kontakt mit Kohl

Nun sitzt Dominique Taboga in einem Kaffeehaus beim Wiener Westbahnhof, er ist aus Salzburg gekommen. Vor ihm liegt ein Tag mit Medienterminen, es gilt, das Buch zu promoten, das er geschrieben hat, Titel: Schweres Foul. Wenn er jetzt über den Wettskandal und seine Rolle redet, spricht Taboga von einem "schweren Fehler". Am Ende des Gesprächs wird er sagen, dass er einmal mit Bernhard Kohl in Kontakt war, dem ehemaligen Radprofi, der eine vielversprechende Karriere mit einem positiven Dopingtest beendete. Man habe festgestellt, "dass wir beide Betrüger gewesen sind". Kohl sagte, auch Taboga werde "eine zweite Chance bekommen. Aber die musst du dann auch nützen."

Bernhard Kohl betreibt ein großes Radsportgeschäft. Taboga hat seit mehr als einem Jahr im Salzburger Familienbetrieb Abraham einen 40-Stunden-Job, er leitet die Abteilung für Bürobedarf. Taboga ist auch im Verkauf tätig, es gibt zwei Filialen, eine im Zentrum, eine im Europapark, und es gibt auch eine zweite Abteilung, jene für Schulbedarf. Taboga ist den Abrahams "sehr dankbar", im Betrieb hat er auch seine jetzige Freundin kennengelernt.

Als er kickte, als er manipulierte, als er erpresst wurde, ist Dominique Taboga verheiratet gewesen. Seine Frau habe ihm "sehr geholfen, viele familiäre Fights ausgefochten". Vor fünf Monaten ließen sie sich scheiden, die vierjährigen Zwillingssöhne blieben bei seiner Ex-Frau, er sieht sie regelmäßig. "Für uns beide sind die Kinder das Wichtigste."

Vor vielen Jahren ist nichts so wichtig wie der Fußball gewesen. In die Freundschaftsbücher in der Schule hat Dominique als Traumberuf stets Fußballprofi eingetragen. Die Familie Taboga aus Wien war nach dem Tod des Großvaters nach Spratzern bei St. Pölten übersiedelt, zur Großmutter, Dominique war drei Jahre alt. Bald begann er zu kicken, zunächst als Stürmer. "Aber für einen guten Stürmer fehlte mir die Grundschnelligkeit."

Dennoch hat der Bub von der großen Karriere geträumt, von Bayern München, seinem Lieblingsverein. Es hat ja auch nicht schlecht ausgesehen, als Taboga mit 14 Jahren zu Rapid wechselte, doch nach zwei Jahren verletzte er sich schwer, ein Wadenbeinbruch warf ihn zurück. Zuvor hatte er etwa gemeinsam mit Andreas Ivanschitz gekickt, der sich dann sehr schnell durchsetzen konnte. "Ich hab es", sagt Taboga, "über Umwege geschafft."

Eine zweitägige Busfahrt

2003 debütierte er bei DSV Leoben, 2006 wechselte er zum ebenfalls zweitklassigen Kapfenberger SV. Dort wurde er Kapitän und für weite, gefährliche Outeinwürfe bekannt. 2008 stiegen Kapfenberg und Taboga in die Bundesliga auf. Ein Jahr später unterschrieb er bei Tromsø in Norwegen, wo er allerdings nicht oft zum Einsatz kommen sollte. Tromsø IL gilt als nördlichster Profiklub der Welt, die Stadt liegt 344 Kilometer nördlich des Polarkreises, die Jahresmitteltemperatur beträgt 2,5 Grad. Einmal gastierte Tromsø in Oslo, der Rückflug fiel aus, weil in Island der unaussprechliche Vulkan (Eyjafjallajökull) ausgebrochen war. Der Verein fuhr mit dem Bus retour, zwei Tage lang. "Da hab ich gesehen", sagt Taboga, "wie schön dieses Land ist."

Es zog ihn dennoch zurück, zum Kapfenberger SV, mit dem er absteigen, und weiter zum SV Grödig, mit dem er 2013 aufsteigen sollte. Es zog ihn auch zurück in die Manipulation. Von der Saison 2013/14 mit Grödigs drittem Platz hinter Salzburg und Rapid hat Dominique Taboga nicht mehr allzu viel mitbekommen. Die Klubchefs traf seine Verhaftung, sein Geständnis aus heiterem Himmel. Es verwundert ihn nicht, dass ihm kaum Freunde von früher geblieben sind. "Früher sind 95 Prozent meiner Freunde aus dem Fußball gekommen", sagt Dominique Taboga. "Jetzt ist es ein einziger Freund." Der Freund heißt Lukas Schubert, er spielt mittlerweile mit dem nordirischen Verein Derry in der irischen Liga. "Er wird die Geschichte nie verstehen können. Aber er ist mir nicht böse."

In Salzburg hat Taboga einen Universitätslehrgang für Sportjournalismus absolviert. Kürzlich erst ist er wieder dort aufgetreten, als Vortragender. Das "seltsame Gefühl" habe sich gelegt, als er den Studenten vorgestellt wurde. Da hieß es, er habe "wirklich Mist gebaut", doch er sei "ein netter Kerl". Taboga glaubt, dass er "offener geworden ist", gelernt habe, "über Fehler zu reden".

Demnächst sollte Taboga den Bescheid über seinen Haftantrittstermin bekommen, zehn der zwölf unbedingten Monate sind ja noch offen. Er hofft, dass seinem Antrag auf Fußfessel stattgegeben wird. Die Voraussetzungen – fixer Arbeitsplatz, dauerhafter Wohnsitz, soziale Eingliederung – sollten gegeben sein. Im Prozess hat Dominique Taboga seinerzeit als Kronzeuge ausgesagt. Deshalb, sagt er, und natürlich aus Scham habe er eine Zeitlang daran gedacht auszuwandern. Oder einen anderen Namen anzunehmen. "Aber egal wo ich lebe, egal wie ich heiße. Der schwere Fehler wird immer Teil meiner Geschichte sein." (Fritz Neumann, 5.12.2016)