In seiner Rolle als Integrationsminister steht Sebastian Kurz in der Kritik, zu wenig für den Sport zu tun.

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Wien – "Du bist ein Mädchen, du kannst nicht gut Fußball spielen": Ein klassisches Negativfeedback für Fußballerinnen. "Die Hemmschwelle ist hoch. Sind die Trainingsgruppen aber homogen, entsteht Euphorie, Selbstvertrauen. Die Mädchen fangen an, das Spiel und den Teamgedanken zu lieben. Das sehen wir", sagt Michaela Portele. Die 27-jährige Sportwissenschafterin leitet Kickmit, ein Sportprojekt, das Mädchen im Alter von acht bis 13 Jahren über ein Jahr lang kostenlos Fußballspielen lernen lässt und das bei der Verleihung des Integrationspreis Sport 2016 am Montag im Wiener Haus des Sports zum Sieger gekürt wurde.

Zum neunten Mal zeichnet der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) Sportprojekte aus, die die Integration von Migrantinnen und Migranten fördern. Seit dem Sommer arbeitet Portele mit einem Team von einem Dutzend Trainer an mehreren Schulen in Wien und in Salzburg, versammelt insgesamt bereits 130 Mädchen unterschiedlicher Herkunft. Gekickt wird eine Doppelstunde pro Woche, wegen fehlender Hallenkapazitäten nicht immer am Stück. Eine andere Baustelle.

Herz für den Sport?

In Österreich ist der Außenminister auch Integrationsminister. In letzterer Funktion ist Sebastian Kurz (ÖVP) Schirmherr des Preises. Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) attestierte Kurz in einem Interview zwar ein "geschultes Auftreten und Eloquenz, aber als Integrationsminister ist er abgetreten", weil er sich um Integrationsagenden nicht kümmere. Das Preisgeld, 3.000 Euro für den Hauptpreis, hat nur symbolischen Wert. Kurz wird aber dafür in ein gutes Licht gerückt.

"Der Preis", sagt Rudolf Hundstorfer dem STANDARD, "ist schön und gut", doch sollte es "damit nicht getan sein". Der Präsident der Bundessport-Organisation (BSO) wünscht sich von Integrationsminister Kurz mehr Initiative und mehr finanzielle Mittel für sportliche Projekte.

Signale gibt es zumindest vom Sportministerium und dem dazugehörigen Bundessport-Förderungsfonds. Dort wurde die Mindestdotierung von Integrationsprojekten im Sport von 200.000 auf 500.000 Euro Euro für das Jahr 2016 angehoben. Das Geld stammt aus einem Sondertopf für gesamtstaatliche Integrationsagenden, in dem sich 76 Millionen Euro befinden.

Größere Bühne

Bei Kickmit ist man froh darüber, dass die Arbeit in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Das vorrangige Ziel: Mädchen für Bewegung zu begeistern. Die Impulse für einen persönlichen Entwicklungsprozess folgen automatisch, eine Männerdomäne wird aufgebrochen. Wichtig ist auch, dass beim Training Deutsch gesprochen wird. In einer zweiten Projektstufe werden auch Jugendtrainerinnen ab 15 Jahren ausgebildet. In einer Kooperation mit dem ÖFB können interessierte Mädchen auch ein Basismodul als Übungsleiterin abschließen.

Die Qualifikation des Frauen-Nationalteams für die EM 2017 könnte dem Sport Aufwind bringen. Viel Strahl- und Anziehungskraft besäßen auch die Bundesliga-Klubs. Wenn Rapid, Salzburg und die Austria so wie die großen Klubs in Deutschland starke Frauenmannschaften hätten, würde das im Breitensport mehr Interesse wecken. Portele: "So ist Fußball für Mädchen immer noch ein schwieriges Thema." (Florian Vetter, 6.12.2016)