Herbert Kickl, Dieter Böhmdorfer und Heinz-Christian Strache bei der Ankündigung der Wahlanfechtung im Juni.

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Nach der geschlagenen Bundespräsidentenwahl, die diesmal zur Erleichterung fast aller ein klares Ergebnis gebracht hat, zahlt es sich aus, noch einmal zu dem Ereignis zurückzukehren, das diese Wahlwiederholung erst notwendig gemacht hat: die Anfechtung der ersten Stichwahl durch die FPÖ.

Parteichef Heinz-Christian Strache und seine Mannen tun so, als hätten sie das nur zur Verteidigung des "heiligen demokratischen Wahlrechts" (Strache) getan. In Wirklichkeit war es ein zynischer Versuch, die demokratischen Spielregeln zu umgehen, indem man sich im Falle einer Niederlage eine zweite Chance erzwingt.

Anfechtungsschrift zumindest in Teilen vorbereitet

Dass die 150-Seiten-Anfechtungsschrift nicht erst nach dem Wahltag verfasst wurde, sondern in weiten Teilen schon vorbereitet war, liegt auf der Hand. Umso gespannter kann man auf die Unterlassungsklage der FPÖ gegen Verfassungsrichter Johannes Schnizer sein, der zwar keinen Wahrheitsbeweis antreten kann (und dies auch nicht muss), aber deutlich machen wird, warum es aus Sicht vernünftig denkender Menschen an dieser Annahme keinen Zweifel geben kann. Das ist zwar kein Rechtsbruch, aber demokratiepolitisch eine böse Tat.

Am 23. Mai stand Hofer besser da

Aber egal wie dieser Prozess ausgeht, die Wähler haben ihr Votum schon abgegeben. Die FPÖ und ihr Kandidat Norbert Hofer haben sich durch diese Anfechtung selbst geschadet. Hofer stand am 23. Mai, als seine Niederlage festgestanden war, eigentlich ganz gut da: Er hat fast die Hälfte der Stimmen erhalten und konnte sich nun als guter Verlierer zeigen. Aus Sicht seiner Partei war es ein Triumph, und dass er selbst nicht in die Hofburg eingezogen ist, war zu verschmerzen. Schließlich ist das Ziel der Partei die tatsächliche, nicht die zeremonielle Macht.

Und die FPÖ hätte sechs Jahre gegen Alexander Van der Bellen sticheln können, indem sie behauptet hätte, dass es bei der Auszählung der Wahlkarten nicht mit rechten Dingen zugegangen sei.

Danaergeschenk der Verfassungsrichter

Die Verfassungsrichter haben der Partei, indem sie die abstruse Logik von Parteianwalt Dieter Böhmdorfer kritiklos schluckten, ein Danaergeschenk gemacht. 46,7 Prozent ist kein schlechtes Ergebnis, aber weitaus schlechter als 49,7 Prozent. Van der Bellen ist nun ein vollends legitimer Präsident, und Hofer hat, wie Meinungsforscher Christoph Hofinger im STANDARD-Chat sagt, "Sympathie und Glaubwürdigkeit eingebüßt".

Die letzte TV-Diskussion im ORF hat das Bild eines aggressiven, bösartigen Demagogen, das bereits in der unmoderierten ATV-Diskussion vor der ersten Stichwahl entstanden ist, bekräftigt. Das wird ihm noch lange nachhängen. Und viele Wähler haben der Partei offenbar übel genommen, dass man ihretwegen noch einen Wahlkampf mit all seinen Kosten – auch für den Steuerzahler – durchstehen muss.

Hoch gepokert und verloren

Was die FPÖ bei ihrer Entscheidung, die Wahl anzufechten, übersehen hat, war etwas, was jeder Kasinobesucher wissen sollte: Die Verdoppelung des Einsatzes nach einer verlorenen Runde bringt zwar eine zweite Chance, kann aber auch nach hinten losgehen. Sie hat hoch gepokert und verloren. Manchmal ist die Welt doch gerecht. (Eric Frey, 6.12.2016)