Cazeneuve (links) folgt Valls nach.

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Le Roux (Mitte) folgt Cazeneuve nach.

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Paris – François Hollandes Verzicht, bei der französischen Präsidentenwahl 2017 anzutreten, zieht weitere Kreise. Am Montagabend hat Premier Manuel Valls seine eigene Kandidatur angemeldet und die Demission von seinem Posten eingereicht. Der Staatschef ernannte schon am Dienstagmorgen einen Nachfolger für das Hôtel Matignon, den französischen Regierungssitz. Mit Bernard Cazeneuve traf er die erwartete Entscheidung, bevor er weitere Minister ernannte.

Im Vorfeld waren auch anderen Namen als mögliche Nachfolger Valls' genannt worden, darunter die Ministerinnen Najat Vallaud-Belkacem (Bildung) und Marisol Touraine (Gesundheit). Mit Cazeneuve geht der Staatschef auf Nummer sicher: Der 53-jährige Innenminister gilt als solid, loyal und diskret – genau das Richtige für die letzten fünf Monate, die Frankreich von der Präsidentenwahl und damit einem weiteren Regierungswechsel trennen. Im Unterschied zu anderen ehrgeizigen Ministern wird der populäre Cazeneuve Hollande auch nicht gefährlich: Er hat intern bereits verlauten lassen, dass er sich 2017 aus der Politik zurückziehen wolle.

Wortkarg, aber beflissen

Der ehemalige Bürgermeister der Hafenstadt Cherbourg am Ärmelkanal hatte nach Hollandes Amtsantritt 2012 zuerst als Europa- und dann als Budgetminister fungiert. Dabei erhielt der Sozialist den Übernamen des "Star Wars"-Roboters "R2D2". 2014 betraute Hollande den Staatsdiener ohne Fehl und Tadel mit dem zentralen Posten des Innenministers. Cazeneuve legte dabei von Beginn an Zeugnis seines fachlichen, aber auch politischen Geschicks ab. Gleich zu Beginn musste er mit dem Tod des militanten Autonomisten Rémi Fraisse durch eine Polizeigranate umgehen.

Das war aber nur der Beginn eines Dauereinsatzes an der Terrorfront, erfolgten doch Anfang 2015 die Anschläge auf die "Charlie Hebdo"-Redaktion und einen jüdischen Supermarkt in Paris. Nach dem Anschlag unter anderem auf das Konzertlokal Bataclan Ende 2015 überwachte Cazeneuve zudem die praktische Umsetzung des Ausnahmezustandes, den Hollande angeordnet hatte. Bei dem Lastwagen-Anschlag in Nizza musste sich der Innenminister in diesem Sommer erstmals gegen Kritik verteidigen, die Polizei habe die Strandpromenade zu wenig abgesichert. Die Vorwürfe zielten aber nie auf den Minister selbst. Auch die Sicherheit rund um die Klimakonferenz von Paris vor Jahresfrist oder die Räumung des Flüchtlingslagers in Calais leitete er mit Umsicht.

Erste Aufgabe Ausnahmezustand

Vor seiner Nominierung war in Paris vor allem die Frage diskutiert worden, ob der Innenminister sein bisheriges Amt nicht behalten und zusätzlich zu seinem neuen Posten als Premier ausüben sollte. Cazeneuve habe auch im Hôtel Matignon die Möglichkeit, die Themen Sicherheit und Polizei aus nächster Nähe zu verfolgen. Das ist aber nicht geschehen. Der Fraktionschef von Frankreichs Sozialisten, Bruno Le Roux, wird neuer Innenminister des Landes.

Von der Verfassung wegen gilt der Ausnahmezustand 15 Tage nach einem Regierungswechsel als beendet. Eine der ersten Amtshandlungen Cazeneuves wird deshalb darin bestehen, das Notrecht in Absprache mit dem Parlament mindestens bis in den Frühling zu verlängern. Hollande hatte schon vor längerem erklärt, er wünsche die Ausdehnung des Ausnahmerechts bis nach der Präsidentenwahl im Mai. Menschenrechtskreise üben indessen zunehmende Kritik an dem Regime, das polizeiliche Hausdurchsuchungen und die Anordnung von Hausarrest ohne richterliche Kontrolle ermöglicht. (Stefan Brändle aus Paris, 6.12.2016)