Wien – Im Gramercy Park in New York stehen noch ein paar Bäume. Das ist nicht ganz richtig. Vielmehr steht mitten auf dem Platz ein graues, bewachtes Zelt, das wie ein Raumschiff über dem Boden schwebt und in dem ein paar dürre Bäume und Büsche ihr Dasein fristen. Es sind die Letzten ihrer Art. Eintritt und Ansicht sind hier nur für Privilegierte.

"Take care of yourself, Dewey": Bruce Dern als müder Raumfahrer in "Silent Running".
Foto: Filmmuseum

Millionen von Kilometern von der Erde entfernt erhält ein Mann in einem Raumschiff, einer riesigen Arche, die letzten Pflanzen und Tiere der Erde am Leben. Denn auf ihr kann nichts mehr wachsen, die einzige Hoffnung war die Aussiedelung allen Lebens in ein einziges Raumschiff. Und noch bevor man zu Beginn diesen modernen Franziskus, der mit seinen Predigten bei seinen Begleitern auf taube Ohren oder gar Gelächter stößt, in seinem selbstangelegten Tümpel baden sieht, gleitet die Kamera zu den Klängen von Joan Baez' Rejoice the Sun über mit Tautropfen benetzte Blüten und Tiere, die es einfach nur noch gibt.

Es gibt düsterere Filme, die vom selbstverschuldeten Untergang der Menschheit erzählen, als Soylent Green (1973) von Richard Fleischer, in dem Charlton Heston als desillusionierter Polizist bei einer Morduntersuchung den schrecklichen Fund macht, dass die überbevölkerte und mit synthetischer Nahrung versorgte Menschheit mit dem neuesten Produkt sich selbst verzehrt. Doch es gibt wenige Filme, in denen mit derartig schmerzhafter Verbitterung die Endzeit der Zivilisation eingeläutet worden wäre.

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Und es mag Filme geben, die von der Hoffnung auf eine lebenswerte Welt eindringlicher erzählen als Silent Running (1972) von Douglas Trumbull, in dem Bruce Dern als Raumfahrer die in einer Biosphärenkuppel durch den Weltraum schwebenden Pflanzen auf die atomar verwüstete Erde zurückbringen soll. Bis die Welt ihren Plan ändert – und ihre eigene Zukunft absprengen lässt. Aber es gibt wenige Filme, die menschliche Arroganz und Verantwortungslosigkeit mit derartiger Wehmut anklagen.

Zu Beginn der Siebzigerjahre, als die Science-Fiction nach Filmen wie Barbarella (1967), Planet of the Apes (1968) und 2001 – A Space Odyssey (1968) auch kommerziell auf Erfolgskurs war und für die großen Filmstudios attraktiv wurde, brachten Arbeiten wie jene eine neue Agenda ins Genre ein.

Überwachen und Strafen

Denn die Welt war mit ihren Problemen schon lange nicht mehr fertiggeworden: Umweltzerstörung, Überbevölkerung, Naturkatastrophen, Terrorismus. Und kein anderes Genre reagierte dermaßen sensibel auf diese Erschütterungen, ließ die gesellschaftlichen und sozialen Umbrüche wie ein Seismograf auf der Leinwand nachbeben. Grimmige Zukunftsentwürfe wie in Michael Crichtons Westworld (1973), grausame Gesellschaftsordnungen wie in George Lucas' THX 1138 (1971) und gewaltvolle Vietnam-Allegorien wie Peter Watkins' Punishment Park (1971).

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Gedacht als eine Seitenlinie zum New Hollywood zeichnet die Retrospektive Triste Technik im Filmmuseum vor allem einen Verlust des Glaubens nach – an die staatliche und soziale Ordnung, an eine gerechte Aufteilung von Ressourcen, an das rechtzeitige Abwenden drohender Katastrophen. Und das Resultat einer damit einhergehenden individuellen und kollektiven Ohnmacht angesichts einer die Seelen und die Vernunft raubenden Technik.

Ist der Einzelne dem oft unsichtbaren System der Überwachung und Bestrafung ausgeliefert wie in Stanley Kubricks A Clockwork Orange (1971), oder gerät das System selbst außer Kontrolle wie Yul Brynners Cyborg im Westworld-Themenpark? Fragen, die noch dieser Tage in aktuellen Blockbustern wie Hunger Games nachwirken, deren kritisches Potenzial aber längst im Mainstream aufgegangen ist. Dass das Genre ohne George Lucas' Star Wars 1977 eine andere Zukunft genommen hätte, dafür genügt ein Blick in die Vergangenheit. (Michael Pekler, 7.12.2016)