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Internationale Forschungsinitiativen wie das Europäische Kernforschungszentrum Cern gewinnen zunehmend an Bedeutung.

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Helmut Rauch will Beteiligung an Großforschung stärken.

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Wien – Sei es der Nachweis von Gravitationswellen am Gravitationswellenobservatorium Ligo in den USA im vergangenen Februar, die Rosetta-Mission der Europäischen Weltraumagentur Esa zum Kometen Tschurjumow-Gerassimenko, die im September zu Ende ging, oder der Nachweis des Higgs-Teilchens am Teilchenbeschleuniger LHC in Genf im Juli 2012 – gerade in den Naturwissenschaften zeigt sich, dass es experimentelle Großinfrastruktur braucht, um bahnbrechende wissenschaftliche Ergebnisse erzielen zu können.

Zunehmend an Bedeutung gewinnen daher Beteiligungen an internationaler Großforschung. Österreich ist zwar in einigen internationalen Forschungsinitiativen vertreten, darunter etwa das Kernforschungszentrum Cern oder die Esa, aber auch im Bereich der Geisteswissenschaften an den Ephesos-Grabungen. Was Österreich aber im Gegensatz zu anderen Ländern fehlt, ist eine Gesamtstrategie für derartige internationale Beteiligungen, eine Koordinationsstelle und letztlich auch eine gezielte Förderschiene dafür.

Kommission an der ÖAW

Um diesem Manko Abhilfe zu schaffen, hat sich an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) rund um den Physiker Helmut Rauch eine Kommission für die Beteiligung an internationaler Großforschung gebildet. Eine der ersten Aufgaben der im Juli 2014 eingesetzten Kommission war es, eine Broschüre zu erstellen, in der die wesentlichsten Beteiligungen Österreichs an internationalen Großforschungsinitiativen beschrieben werden. Diese Broschüre, die kürzlich in Wien präsentierte wurde, soll nun dazu dienen, die Beteiligungen besser zu koordinieren und zu finanzieren.

Für Helmut Rauch ist der Zeitpunkt der Teilnahme an internationalen Forschungsinitiativen besonders entscheidend: "Es ist sehr wichtig, dass man von Anfang an bei neuen Initiativen dabei ist, denn die interessantesten wissenschaftlichen Arbeiten werden meist in den ersten Jahren nach der Inbetriebnahme von Großforschungsgeräten gemacht."

Sensationen verschlafen

Die Beteiligung in diesen wichtigsten Anfangsjahren habe man leider in der Vergangenheit wiederholt verschlafen – zu lange werde in Österreich überlegt, ob man denn an neuen Initiativen teilnehmen solle, während andere bereits sensationelle Arbeiten durchführen.

Umgekehrt sollte überlegt werden, sich aus Beteiligungen, bei denen man schon lange dabei ist, von denen aber keine außergewöhnlichen Ergebnisse mehr zu erwarten sind, auch wieder zurückzuziehen. "Das ist zwar immer schwierig, aber die Kommission sollte auch die Kapazität haben, Prioritäten zu setzen."

Handlungsbedarf bei Infrastrukturkosten

Die Kosten für internationale Forschungsbeteiligungen lassen sich in drei Kategorien unterteilen: erstens die offiziellen Beteiligungskosten, die durch Verträge festgelegt werden. Zweitens die Projektkosten für die Drittmittel, die etwa vom Wissenschaftsfonds FWF oder vom Europäischen Forschungsrat ERC eingeworben werden können. "Das funktioniert relativ gut", sagt Rauch. Den größten Handlungsbedarf sieht er bei der dritten Kategorie – den Infrastrukturkosten, die zum Beispiel entstehen, wenn spezielle Instrumente an Großforschungsanlagen installiert und betrieben werden, aber auch Infrastrukturkosten, die etwa bei Ausgrabungen anfallen.

Beispiel Verbundforschung in Deutschland

Um diesen Bereich zu organisieren und zu finanzieren, gibt es in Deutschland die vom Bund finanzierte und beim Bildungs- und Forschungsministerium angesiedelte Verbundforschung. "Etwas Ähnliches brauchen wir auch in Österreich", sagt Rauch. Als Adressat der Broschüre sieht Rauch denn auch die vorgesetzte Behörde, also das Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium. Mit dem Minister selbst hat er diesbezüglich noch nicht gesprochen, Gespräche auf Sektionsebene seien positiv verlaufen.

Welcher Finanzbedarf für die Finanzierung der Infrastruktur bei internationalen Projekten veranschlagt werden sollte, bleibt die Broschüre schuldig. Eine Unterkommission beschäftigt sich nun mit dieser Frage. Rauch spricht sich dafür aus, dieses System "langsam einzuführen" und zunächst mit "fünf bis zehn Millionen Euro pro Jahr zu starten". Idealerweise sollte dieses Geld zusätzlich vom Finanzministerium kommen. "Wir müssen auf Eifersüchteleien achten, dass nicht die Universitäten oder die Akademie der Wissenschaften das Gefühl haben, dass etwas aus ihrem Budget dafür abgezweigt wird." (Tanja Traxler, 10.12.2016)