Boden legende Tischler: bald auch ohne zweiten Gewerbeschein?

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Wien – Bei der Gewerbeordnung dürfte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Der – als ohnehin nicht weitreichend empfundene – Plan zur Lockerung des Berufszugangs kommt gleich von mehreren Seiten unter Druck. Einige Länder stemmen sich in der gerade zu Ende gegangenen Begutachtung gegen Eingriffe zur Vereinfachung des Betriebsanlagenrechts, Arbeitnehmervertreter wiederum warnen vor arbeitsrechtlichen Verschlechterungen, und aus der Wirtschaft kommt Kritik am weiterhin engen Korsett.

Auch die Arbeiterkammer (AK) hätte sich eine weitergehende Lockerung des Berufszugangs gewünscht. Ein Problem hat sie nun mit dem von der Regierung eingeschlagenen Umweg: Die reglementierten Gewerbe sollen ja unverändert bleiben, dafür will man mehr Toleranz bei den Nebenrechten. Ein Tischler könnte somit auch ohne eigenen Gewerbeschein Böden verlegen, wenn die Tätigkeit nicht mehr als 15 Prozent ausmacht. Bei den freien Gewerben soll dieser "Fremdanteil" 30 Prozent ausmachen dürfen.

Kollektivvertragsshopping

Für die Arbeiterkammer birgt diese Vorgangsweise die Gefahr, dass sich Betriebe aussuchen können, in welcher Branche sie Mitarbeiter beschäftigen. Sie warnt vor "Kollektivvertragsshopping". Sie begründet diese Befürchtung mit dem Abgehen von der Kollektivvertragszuordnung nach der Mitgliedschaft in der jeweiligen Fachorganisation in der Wirtschaftskammer, wenn für andere Leistungen künftig kein Gewerbeschein mehr notwendig sei. Auch der Fall, dass gar kein Kollektivvertrag anwendbar ist, sei möglich. Zudem könnten Regelungen bei den Öffnungszeiten und Feiertagsruhe ausgehebelt werden, meint die Arbeiterkammer.

Gar nicht zufrieden ist die Interessenvertretung überdies damit, dass sich Betriebe das Kriterium für das Ausmaß fremder Tätigkeiten selbst aussuchen können. Infrage kommt für die Bemessung der Nebenrechte laut Regierungsvorlage etwa der Zeitaufwand oder der Umsatzanteil.

Auch von Länderseite wird die Reform torpediert. Der Aspekt ist von besonderer Bedeutung, wird doch in der Gewerbeordnung zur Vereinfachung von Betriebsanlagengenehmigungen eine Verfassungsänderung angestrebt. Hintergrund ist die Zusammenlegung bau- und naturschutzrechtlicher Bewilligungen (Ländersache) mit der Genehmigung von Anlagen (Bundesangelegenheit).

Die damit verbundene "Aushöhlung der Landeskompetenzen wird entschieden abgelehnt", heißt es unmissverständlich in der Stellungnahme Vorarlbergs. Das Gleiche gelte für das Vorhaben, dass für Betriebsanlagengenehmigungen künftig auf private Sachverständige zugegriffen werden kann. Hier werden Mehrkosten und eine längere Verfahrensdauer für die Behörden bei der Bestellung der Gutachter ins Treffen geführt.

Rechtsmaterien gesondert abhandeln

Das Land betont, dass man nicht grundsätzlich gegen eine Verfahrenskonzentration sei, allerdings werde die von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehners Ressort ausgearbeitete Lösung "entschieden abgelehnt". Auch Kärnten hat hier Einwände angemeldet. Konkret wird verlangt, dass trotz einheitlicher Bewilligungsstelle die einzelnen Rechtsmaterien gesondert abgehandelt werden (eigene Spruchpunkte). Die Behörde müsse in Angelegenheiten des Landesrechts als Organ der Landesvollziehung entscheiden, damit der Weisungszusammenhang zur Landesregierung gewahrt bleibe.

Zudem verwahren sich die Vorarlberger dagegen, dass mit der Zusammenlegung raumplanungsrechtliche Aspekte außer Acht gelassen würden. "Dies ist völlig unakzeptabel", heißt es in der Ländle-Stellungnahme.

Die Hoteliersvereinigung wiederum läuft dagegen Sturm, dass auch in Zukunft mehrere Gewerbescheine und damit Mehrfachmitgliedschaften in der Wirtschaftskammer notwendig seien. Zudem wird vehement eine Öffnung der reglementierten Gewerbe verlangt. Als Beispiel wird das Gastgewerbe genannt. Die Qualität des Angebots müsse via Bestimmungen zur Hygiene, Lebensmittelsicherheit oder Gesundheitsschutz erreicht werden, meinen die Hoteliers. Sie wollen überdies auch die Lizenz zum Konditor, Fremdenführer, Arbeitsvermittler oder Masseur haben, ohne dafür einen Befähigungsnachweis zu erbringen. (Andreas Schnauder, 7.12.2016)