Und nun zu etwas ganz anderem. Diese gewisse moralische Dissonanz, den Widerspruch zwischen Brutalität und Purismus, hat John Irving herrlich in "The Hotel New Hampshire" festgehalten: Ein amerikanisches Touristenehepaar mit Töchterchen pflanzt sich zum Gaffen vor einem Hotelzimmer auf, in dem eine Ermordete vermutet wird – als die sich als lebendige Prostituierte herausstellt, werden dem Kind sofort Ohren und Augen zugehalten.

Aber vielleicht sind die Amis ja heute wirklich weniger prüde. Denn die Liebe zum Pussygrabbing stört die Trumpwähler an ihrem zukünftigen Präsidenten nicht – weil er ja sonst so moralisch hochstehend ist.

Alles wird besser. In Accomack County in Virginia wird "Wer die Nachtigall stört" und "Die Abenteuer des Huckleberry Finn" aus den Schulen entfernt, nachdem sich Eltern über das N-Wort beschwert haben. Das ist ein wichtiger Schritt, der dem Rassismus in den USA den Garaus machen wird. Bald werden von der Polizei erschossene renitente weiße Bürger mit den schwarzen gleichziehen.

Und im Staat Washington werden in Kindertagesstätten aufliegende Bücher danach gescreent, ob sie nichts "Verstörendes" oder "unangemessenes Benehmen" enthalten. Auch "Tiere oder Menschen, die andere Tiere oder Menschen essen" dürfen natürlich nicht vorkommen. "Hansel and Gretel" löst die auf dem Klo gelesenen guten alten Pornoheftln ab.(Gudrun Harrer, 6.12.2016)