Clive Sheldon (50) hilft dem englischen Fußball beim Aufräumen.

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In Großbritannien gab es in den vergangenen Jahren immer neue Enthüllungen über lang zurückliegende Sexualverbrechen gegen Kinder und Jugendliche. Versäumnissen staatlicher Behörden geht eine unabhängige Kommission nach. Deren Vorsitz hat binnen zweier Jahre dreimal gewechselt.

Vor diesem Hintergrund wirkte eine Mitteilung des englischen Fußballverbands FA am Dienstag wenig vertrauenerweckend. Seit Wochen veröffentlichen britische Medien die Zeugenaussagen ehemaliger Fußballspieler, die nahelegen, dass sowohl der Verband selbst wie auch eine Reihe von Vereinen zu lange zu wenig gegen Sexualverbrecher unternommen, ja sogar gelegentlich Straftaten vertuscht oder durch Geldzahlungen das Schweigen der Opfer erkauft haben. Den Einzelheiten sollte in enger Absprache mit der Kriminalpolizei die Kronanwältin Kate Gallafent nachgehen. Doch deren Berufung Ende November war am Dienstag schon wieder obsolet: Weil Gallafent zu viel mit anderen Verfahren zu tun habe, zudem die Untersuchung sich als umfassender herausstelle als bisher angenommen, so die FA, übernimmt nun Clive Sheldon (50) die heikle Aufgabe.

Der erfahrene Kronanwalt gehört einer der angesehensten Anwaltskanzleien Londons an: 11KBW wurde vom späteren Lordkanzler Derry Irvine gegründet, Mitglied der Kanzlei war kurzzeitig auch der spätere Premierminister Tony Blair. Sheldon sammelte nach dem Studium an den Unis von Cambridge und Pennsylvania zunächst Erfahrung als Arbeitsrechtler an der New Yorker Wall Street. In den vergangenen Jahren hat er sich immer wieder mit Fällen beschäftigt, in denen es um Kinderschutz in Schulen ging.

Dem Untersuchungsführer wird von Mandanten und Kollegen Überredungskunst sowie eine pragmatische Herangehensweise an schwierige Probleme nachgesagt. Beide Qualitäten wird Sheldon brauchen, schließlich steht die Reputation einer Milliardenbranche auf dem Spiel. Im Umgang mit dem als schlecht organisiert geltenden Verband sowie den Vereinen dürfte es vor allem um die Frage gehen, ob heute Versäumnisse durch Prüfverfahren verhindert werden können. Im Gespräch mit den Betroffenen wird der Kommissionsvorsitzende viel Fingerspitzengefühl brauchen. Schließlich muss Sheldon darauf achten, den 21 regionalen Polizeibehörden, die mittlerweile gegen dutzende Beschuldigte ermitteln, nicht ins Handwerk zu pfuschen. (Sebastian Borger, 7.12. 2016)