Brüssel – Von den bis zu 5000 Europäern, die als Kämpfer nach Syrien und in den Irak gereist sind, ist nach EU-Einschätzung bisher rund ein Drittel zurückgekehrt. Weitere 15 bis 20 Prozent seien tot, während sich die Hälfte noch im Konfliktgebiet befinde, heißt es nach AFP-Informationen vom Mittwoch in einem Bericht des EU-Anti-Terror-Koordinators Gilles de Kerchove.

Er warnte davor, dass ein Teil der Rückkehrer im Auftrag der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) Anschläge verüben könne. De Kerchove sieht dabei ein höheres Risiko durch diejenigen, die erst jüngst nach Europa zurückgekehrt sind oder dies demnächst vorhaben. Sie könnten "vom IS nach Europa zurückgeschickt werden, um Anschläge zu verüben", heißt es in dem Bericht, den der Anti-Terror-Koordinator am Freitag beim Treffen der EU-Innenminister vorstellen will.

Unklar sei aber, ob "kurzfristig eine massive Rückkehr" der in der Konfliktregion verbliebenen bis zu 2500 Kämpfer drohe, wenn der IS weitere Gebietsverluste in Syrien und im Irak erleide, hieß es in dem Bericht weiter. De Kerchove bezeichnet dies als eher "unwahrscheinlich". Mit Blick auf Erfahrungen etwa mit ausländischen Kämpfern in Afghanistan sei es wahrscheinlicher, dass viele vor Ort oder in benachbarten Ländern blieben oder in andere Konfliktgebiete weiterreisten.

Dennoch fordert de Kerchove, dass sich Europa "proaktiv" auf eine mögliche "Massen-Rückkehr" vorbereiten müsse. Er nannte dabei eine Reihe von "Handlungsoptionen" für die EU zur Unterstützung der Mitgliedstaaten, darunter eine beschleunigte Umsetzung des vereinbarten Informationsaustauschs der Sicherheitsbehörden und die konsequente Nutzung von Datenbanken mit biometrischen Merkmalen wie Fingerabdrücken. Damit könnten Einreisen mit gefälschten Dokumenten oder unter falschem Namen leichter aufgedeckt werden.

Darüber hinaus sei eine stärkere Zusammenarbeit mit den USA zu den Rückkehrern nötig, um Zugriff auf Informationen zu erhalten, "die auf dem Schlachtfeld in Syrien und dem Irak gesammelt wurden". Auch mit umliegenden Ländern wie der Türkei, Jordanien und dem Libanon müsse in der Frage der Rückkehrer stärker zusammengearbeitet werden.

Das Problem in der Türkei sei insbesondere, dass die zurückkehrenden Kämpfer dort offenbar "nicht als Kriminelle betrachtet werden, die in das Land ihrer Staatsangehörigkeit ausgeliefert werden sollten", heißt es. Sie würden "vielmehr als illegale Einwanderer gesehen, die in ein Land ihrer Wahl abgeschoben werden".

De Kerchove spricht in dem Bericht auch die Frage von mit den Kämpfern zurückkehrenden Ehefrauen und Kindern an. Er nannte es "eine große Herausforderung, mit hunderten Kindern umzugehen, die im Kalifat (des IS) geboren wurden und aufgewachsen sind".

Einige der Kinder könnten durch Gewalt traumatisiert sein und bräuchten Hilfe und Betreuung. Sie könnten aber auch "eine Sicherheitsgefährdung" darstellen, weil sie "trotz ihres jungen Alters bereits radikalisiert wurden oder anfällig für Radikalisierung sind". (APA, 7.12.2016)