Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) verlängert ihr Anleihenkaufprogramm zumindest bis Ende nächsten Jahres, nimmt aber beim Volumen den Fuß vom Gas. Ab April 2017 werden nur noch Schuldverschreibungen im Wert von 60 Milliarden Euro monatlich nach zuvor 80 Milliarden getätigt. Mit diesem Schritt erhöht sich das Gesamtvolumen dieser Maßnahme von zuvor 1,74 auf 2,28 Billionen Euro, welche die Notenbank insgesamt in die Wirtschaft des Euroraums pumpt. Die Zinssätze wurden wie erwartet nicht angefasst, Bankeinlagen bei der EZB werden weiterhin mit minus 0,4 Prozent pro Jahr belastet und der Leitzins verharrt bei null.

Ifo-Chef Clemens Fuest bezeichnete in einer ersten Reaktion die Ausdünnung der monatlichen Anleihenkäufe als "Schritt in die richtige Richtung". Allerdings hatte er sich im Vorfeld der Entscheidung vehement für ein sukzessives Auslaufen des Kaufprogramms ausgesprochen: "Das Argument der EZB, die Inflationsrate im Euroraum sei zu niedrig, trägt 2017 nicht mehr." Die Teuerung werde sich im nächsten Jahr dem Inflationsziel der EZB von knapp unter zwei Prozent annähern, da der dämpfende Effekt sinkender Ölpreise ausgelaufen sei, hatte Fuest betont.

Kritik aus Deutschland

Keinen Zuspruch erntete die Notenbank vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag: "Die heutige EZB-Entscheidung geht in die falsche Richtung", sagte Außenwirtschaftschef Volker Treier. Vor dem Hintergrund der bereits überaus lockeren Geldpolitik habe der Reformeifer der europäischen Staaten zuletzt nachgelassen. Die zurückhaltenden Investitionen trotz der niedrigen Zinsen führt er vor allem auf das Fehlen attraktiver, wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen zurück. "Politische Ereignisse dürfen nicht die Geldpolitik in Europa bestimmen – auch Italien stellt hier keine Ausnahme dar", ergänzte Treier mit Blick auf Italien nach dem gescheiterten Verfassungsreferendum.

Bereits vor der EZB-Entscheidung hatten jedoch viele Ökonomen vor einer Einstellung oder einem Auslaufen des Programms wegen der schwelenden Krise Italiens gewarnt. Schon vor dem Referendum und dem anschließenden politischen Vakuum waren die Renditen italienischer Schuldverschreibungen – gewissermaßen Angstbarometer der Finanzmärkte – deutlich nach oben geklettert. EZB-Chef Mario Draghi werde in dieser Situation nicht zusätzlich Öl ins Feuer gießen lautete der Tenor der Ökonomen.

Bessere Konjunkturaussichten

Verändert wurden die technischen Stellschrauben der Anleihenkäufe, und zwar ab Anfang nächsten Jahres. Demnach darf die Notenbank künftig Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von zumindest einem Jahr erwerben, um die Gruppe der aufkaufbaren Anleihen zu erweitern. Derzeit darf die EZB erst bei Laufzeiten ab zwei Jahren zugreifen, die Obergrenze beträgt 30 Jahre. Zudem sind in Zukunft auch Käufe von Papieren mit Renditen unter dem Einlagenzins für Banken, also minus 0,4 Prozent, erlaubt. Damit entledigen sich die Währungshüter des Problems, dass die am Markt verfügbaren Schuldpapiere, die den Vorgaben für den Erwerb entsprechen, durch die eigenen, massiven Käufe mitunter rar geworden sind. Allerdings darf die EZB auch weiterhin höchstens ein Drittel von einzelnen Anleihenemissionen erwerben und nicht maximal die Hälfte, wie es manche Volkswirte im Vorfeld angeregt hatten.

Verbessert haben sich die Konjunkturaussichten für den Euroraum, und zwar stärker, als es die Währungshüter noch im September prognostiziert hatten. Für 2017 sieht die aktuelle Projektion der Notenbank ein Wachstum in der Eurozone von 1,7 Prozent bei einer Inflation von 1,3 Prozent vor – womit beide Werte um je um einen Zehntel Prozentpunkt angehoben wurden. (Alexander Hahn, 8.12.2016)