Sebastian Kurz wurde von der Europa-Ausgabe der amerikanischen Website Politico zu jenen 28 Personen gezählt, die "die EU gestalten, erschüttern und aufrühren".

Politico ist ein Outlet für Leute, die sich mehr als andere für Politik interessieren. Die Wahl von Außen- und Integrationsminister Kurz ist durchaus vertretbar. Er ist ein sehr talentierter Politiker und hat schon etwas zustande gebracht. Das neue Islamgesetz soll die Einflussnahme anderer Länder (vor allem der Türkei) auf die hiesigen Islamverbände und Religionslehrer beschränken. Ferner hat er im Einvernehmen mit Mazedonien die Grenze zu Griechenland geschlossen, was – allerdings im unerlässlichen Zusammenwirken mit dem Türkei-Abkommen – zur Schließung der Balkanroute geführt hat.

Innenpolitisch hält sich Kurz bedeckt. Seine unterschwellige Botschaft ist: Wenn ihr Strache nicht als Kanzler wollt, müsst ihr mich wählen. Er selbst würde sicher nicht die Nummer zwei unter Strache abgeben. Das heißt aber nicht, dass er als Kanzler nicht eine Koalition mit der FPÖ machen würde. Es gibt nur einen Unsicherheitsfaktor: Kurz braucht einen sehr schwer zu realisierenden politischen Erfolg, nämlich dass genug Wähler (seinetwegen) von der FPÖ zur ÖVP (zurück)wandern, sodass er und die Partei wirklich ernsthaft einen Führungsanspruch stellen können.

Davon hängt alles, auch die nächste oder übernächste Politico-Liste, ab. (Hans Rauscher, 8.12.2016)