Die neue Flexenbahn führt von der Alpe Rauz an der Arlbergpasstraße auf den Trittkopf in Zürs. Skiabfahrten gibt es hier keine, auch bergab gelangt man mit der Bahn – oder im Tiefschnee.

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Die neue Flexenbahn befördert 2.400 Personen pro Stunde als 10er-Einseil-Umlaufbahn auf 2.227 Meter und macht den Arlberg damit zum größten zusammenhängenden Skigebiet Österreichs

Foto: Ski Arlberg

Die Flexenbahn in einer Animation

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Im nationalen Wettrennen um die größten und modernsten Liftanlagen stand der Arlberg immer ein wenig auf der Bremse. Wenn man die längste Skitradition, die meisten und die besten Tiefschneeabfahrten, die erfahrensten Skilehrer und die prominentesten Gäste vorweisen kann, so dachte man wohl, dann kann man sich auch ein paar veraltete Doppelsessellifte leisten – und sogar eine Lücke im Skigebiet, die nur über einen Pendelbus überwunden werden kann.

Aber zumindest mit Letzterem ist jetzt Schluss. Seit einer Woche sind die Skigebiete von Lech/Zürs und St. Anton/Stuben über eine neue Bergbahn verbunden – die Flexenbahn, die von der Arlbergpassstraße hinauf zum Trittkopf in Zürs führt. Damit kann der Arlberg nun das größte zusammenhängende Skigebiet Österreichs vorweisen – mit 87 Liften und mehr als 300 Pistenkilometern. Das ist mehr als Saalbach/Hinterglemm, das sich erst vor kurzem mit dem Zusammenschluss mit Fieberbrunn zum Größten aufgeschwungen hatte.

Dreh- und Angelpunkt

45 Millionen Euro haben drei Bergbahngesellschaften in diesen gewaltigen Modernisierungsschub investiert. Neben dem Bau der Flexenbahn, deren Panoramagondeln jeweils zehn Personen Platz bieten, wurde die Trittkopf-Seilbahn in Zürs mit ihrer markanten roten Farbe durch eine moderne Umlaufbahn ersetzt, an der es keine Wartezeiten mehr gibt. Die Gondeln fahren jetzt ein wenig ums Eck; sie legen knapp unter dem Gipfel eine Zwischenstation ein, wo man zur Flexenbahn hinüberwechseln kann.

Und von der Talstation der Flexenbahn, ein riesiges Bauwerk, führt nun auch eine neue Bahn auf die Albona hinauf, einem der Tiefschnee- und Firnparadiese des Arlbergs, das bisher nur über langsame Sessellifte erreichbar war. Damit wird Alpe Rauz, dieser einsame Fleck zwischen Stuben und St. Christoph, zum skifahrerischen Dreh- und Angelpunkt des Arlbergs. Denn von dort führt auch die Vallfagehrbahn Richtung Galzig und St. Anton. Es ist vor allem vom Westen her ein perfekter Einstiegsort für Tagesgäste – eine Besuchergruppe, die vor einigen Jahren in Lech und Zürs auch nicht gerne gesehen war.

Reine Verbindungsbahn

Die neue Liftverbindung beendet die "splendid isolation" der beiden Vorarlberger Luxusorte, wo man lange Zeit nicht so scharf auf die Massen aus dem Tiroler St. Anton war und es zum Wintererlebnis gehörte, gelegentlich eingeschneit zu sein. Aber die Touristiker dort haben letztlich erkannt, dass Gäste, die tausende Euro für eine Woche Skiurlaub bezahlen, einfach nicht auf einer lärmigen Straße auf einen Skibus warten wollen. Auch in der Hautevolee zählen Pistenkilometer inzwischen mehr als Exklusivität.

Skiabfahrten wurden durch die Flexenbahn keine neuen erschlossen; sie ist eine reine Verbindungsbahn, wie sie heute immer öfter in Skigebieten gebaut werden. Ihre 560 Höhenmeter bieten über die Panoramafenster der Gondeln besonders schöne Ausblicke. Eine gute und innovative Idee sind die Kerben im Gondelboden, in denen man die Ski abstellen kann. Das wird noch Schule machen. Wer von Zürs nach St. Anton mit Skiern abfahren will, kann das wie bisher über eine der zahlreichen Tiefschneeabfahrten machen.

Rundkurs für den ganzen Tag

Dafür aber bietet der Arlberg für Pistenfahrer nun den "Run of Fame" – ein Rundkurs, der vom Rendl in St. Anton über Zürs und Lech bis nach Schröcken und Warth führt, die vor einigen Jahren mit einer neueren Bahn verbunden wurden. Ein Programm für Fanatiker:_Wer in der Früh an einem Ende aufbricht, muss für die 65 Pistenkilometer und 18.000 Höhenmeter mit dem ganzen Tag rechnen – und das besser ohne Mittagspause. Wem das zu viel ist, der kann den Rückweg auch mit Skibus antreten – zumindest zwischen Lech und St. Anton. Die Straße nach Warth ist bekanntlich im Winter gesperrt.

Manche Arlberger Skiveteranen fürchten, dass durch den Liftausbau in Zukunft unberührte Tiefschneefahrten schneller verspurt sein werden. Das dürfte vor allem die Albona, ein Lieblingsterrain vor allem im Frühjahr, betreffen. Und die seit Jahren geplante Verbindung zwischen St. Anton und Kappl im Paznauntal über den Rendl würde das idyllische Verwalltal, das bisher den Freeridern vorbehalten war, durch Lifte und Pisten erschließen. Dafür würden aber neue Routen zugänglich werden, betonen lokale Touristiker.

Kunst auf 1.800 Meter

Wer ein Rund-um-Wintersporterlebnis sucht, ist am Arlberb hervorragend bedient. Der Schnee mag zwar vor Weihnachten wieder ausbleiben, aber die Beschneiungsanlagen schaffen ewas Abhilfe. Und wenn dann doch der große Schnee kommt, dann gibt es kaum ein österreichisches Skigebiet, das so hoch hinauf geht (der Gipfel der Valluga liegt über 2800 Meter Seehöhe), so viel Herausforderung und Abwechslung, eine so prachtvolle Hochgebirgslandschaft, und eine so gute Hotellerie. Und zumindest in manchen Unterkünften in St. Anton muss der Skiurlaub auch nicht teurer sein als in den anderen Wintersportzentren.

Und manches findet man einfach nur hier. Im kleinen St. Christoph am Arlbergpass hat etwa Florian Werner, der Sohn des Paradehoteliers und Hospiz-Eigentümers Adi Werner, eine große Kunsthalle in den Berg hinein bauen lassen. "Arlberg 1800" (das ist die Seehöhe) bietet Ausstellungen von Top-Künstlern – derzeit Herbert Brandl, nächstes Jahr Hermann Nitsch –, die sich mit der Bergwelt auseinandersetzen, Ateliers für junge Artists-in-residence und rund drei Mal in der Woche Konzerte, zu der auch Besucher aus der weiteren Region anreisen. Da verzeiht man auch die alten Sessellifte, die da und dort noch stehen. (Eric Frey, 12.12.2016)