Moskau/Aleppo/Damaskus – Hunderte Männer sind laut UN-Angaben auf dem Weg aus Aleppos Rebellengebiet in regierungskontrollierte Teile der syrischen Stadt offenbar spurlos verschwunden. "Angesichts der schrecklichen Berichte über willkürliche Internierungen, Folter und verschollene Personen sind wir natürlich tief besorgt", sagte der Sprecher der UN-Menschenrechtskommission, Rupert Colville, am Freitag. Den der Uno vorliegenden Berichten zufolge sollen Männer zwischen 30 und 50 Jahren von ihren Familien getrennt und zu Befragungen abgeführt worden sein, schreibt die BBC. Russland und Syrien hatten Flüchtenden in den Korridoren freies Geleit zugesichert.

Zugleich gebe es aber auch Berichte, dass Rebellen einige Zivilisten daran gehindert hätten, in sichere Gebiete zu fliehen. Sollte das zutreffen, könnte es sich um ein Kriegsverbrechen handeln. Insgesamt befänden sich vermutlich noch etwa 100.000 Zivilisten in Gebieten, die von der Opposition gehalten würden. Bei dieser handelt es sich um teils gemäßigte Islamisten, teils aber auch um Milizen der früheren Al-Kaida-Filiale Nusra-Front oder solche, die sich mit ihr verbündet haben.

"93 Prozent von Ostaleppo eingenommen"

Laut russischen Angaben haben die syrische Armee und ihre Verbündeten mittlerweile "93 Prozent von Ostaleppo" eingenommen – ob sich das auf die Fläche oder den Anteil an Wohneinheiten bezieht, blieb vorerst offen. Zuvor hatten russischen Angaben zufolge innerhalb von 24 Stunden rund 10.500 Menschen die Konfliktzone verlassen. Zudem hätten einige Kämpfer die Waffen niedergelegt, teilte das russische Verteidigungsministerium am Freitag mit. Eine unabhängige Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.

Der russischen Armee zufolge arbeiten in Ostaleppo auch russische Spezialisten an der Entschärfung von Minen und anderen Sprengsätzen. Russland ist ein Verbündeter der syrischen Führung und unterstützt die Regierungstruppen seit einem Jahr militärisch.

Angriffe unterbrochen

Außenminister Sergej Lawrow hatte am Donnerstag gesagt, die syrische Armee habe ihre Angriffe in Aleppo unterbrochen, um etwa 8.000 Zivilisten aus der Stadt zu bringen. Doch gingen die Kämpfe nach Angaben von Aktivisten weiter. Lawrow kündigte zudem ein Treffen russischer und US-amerikanischer Experten am Samstag in Genf an. Sie sollten ein Abkommen mit einer Lösung für Ostaleppo erarbeiten. (red, Reuters, APA, 9.12.2016)