Die Briefkästen sind in Österreich meist gut versteckt.

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Wir müssen über den Zustand des Landes reden. Früher hat es im gleich neben dem Büro liegenden Bahnhof Wien-Mitte zum Beispiel eine drübergestülpte Markthalle gegeben. Man konnte in ihr ehrliches Gemüse, Fleisch ohne Zellophan und dieses blau verpackte Maggi-Pulver aus Jugoslawien kaufen, mit dem man alles übersalzen kann, was sich jenseits eines Fisches in Salzkruste übersalzen lässt.

Heute steht dort ein 40 Meter hoher Betonbunker, der sich "The Mall" nennt. Man kann in ihm in einem Superdupermarkt Gewürze aus der Südmongolei, Wachteleier aus der Arktis und Suppengemüse in Zellophan kaufen, dazu Hoodies vom Gewand-Schweden, albtraumhafte T-Shirts vom Design-Spanier sowie Konsenswein aus dem Flagship-Store eines burgenländischen Winzers.

Früher hat es in Wien-Mitte auch ein Postamt gegeben. Man konnte dort Briefmarken kaufen, damit Briefe frankieren und sie gleich vor Ort aufgeben. Dieses Postamt gibt es nicht mehr. Wenn man jetzt einen Brief aufgeben will, sucht man erst einmal einen Briefkasten im riesigen Bunker. Es gibt einen. Er versteckt sich hinter den 50 Pendlern, die im Eingangsbereich noch schnell vier Zigaretten rauchen, bevor sie heim nach Stockerau fahren.

Briefmarken gibt es in der Trafik im Bahnhof Wien-Mitte keine. Man muss dafür das Areal verlassen und eine andere Trafik finden, in der man einen Satz mit Leonardo DiCaprio drauf kauft. Normale Marken gibt es nicht mehr. Dann geht man zurück in den Bahnhof und bittet die Raucher, zur Seite zu gehen. Jetzt wird der Brief aufgegeben. 2016. Das ist unser Land. (schach, 10.12.2016)